Wir wissen ja, wie gut es uns tun kann, bestimmte Glaubenssätze, Dinge und auch Menschen loszulassen. Aber warum ist das so verdammt schwierig? Eine Spurensuche.
Du erkennst dich und dein Verhalten in einem oder mehreren dieser Warnzeichen wieder? Zögere nicht, dir therapeutische oder ärztliche Hilfe zu suchen, damit aus der emotionalen Vergiftung keine ernsthafte psychische Erkrankung wird.
Du kannst einfach nicht mehr? Geistige Erschöpfung kann auch ein Anzeichen für eine emotionale Vergiftung sein. Denn wir kennen das vermutlich alle: Gefühle können wahnsinnig anstrengend sein – zumindest wenn wir sie wirklich zulassen und fühlen. Und das sollten wir unbedingt tun, denn Verdrängen bringt uns nicht weiter. Aber es kostet viel Kraft, all die schmerzhaften Emotionen zu durchleben.
Das kann zu einer gewissen Lethargie führen, wenn wir irgendwann keine Energie mehr für andere Dinge haben. Vorsicht: Dieser oft schleichende Prozess kann in einer Depression enden. Hier solltest du also besonders wachsam sein, wenn du merkst, dass du dich ständig kraftlos, matt und müde fühlst.
Loslassen fällt den meisten von uns ohnehin alles andere als leicht – schon in den besten Zeiten. Aber wenn du gerade unter einer emotionalen Vergiftung leidest, ist es dir vermutlich praktisch unmöglich, Menschen und Beziehungen, aber auch Konflikte, Situationen oder sogar Materielles ziehen zu lassen.Weil du sowieso das Gefühl hast, kaum mehr Kontrolle über irgendetwas zu haben, blockierst du hier unbewusst und möchtest nicht noch mehr Kontrolle abgeben. Das ist natürlich eine Illusion, den wirklich kontrollieren können wir die wenigsten Dinge auf der Welt. Aber wenn deine Gefühle durch Verletzungen und andere Belastungen so stark vergiftet sind, wird es umso schwerer, mit offenem Herzen durch die Welt zu gehen und das gehen zu lassen, was dir nicht (mehr) guttut.
2. Dir fällt es schwer, die Dinge rational zu betrachten
Wenn du emotional stark belastet bist, kann es leicht passieren, dass dein Blick auf die Welt vernebelt wird. Du schaffst es nicht mehr, auf etwas anderes als dich selbst zu schauen – deine Gedanken kreisen nur noch um deine Probleme. Das macht es dir schwer, deine Umgebung rational zu betrachten.
Natürlich sehen wir die Realität immer durch unsere ganz persönliche Brille, geprägt durch die Summe unserer Erfahrungen und individuellen Glaubenssätze. Aber in diesem Fall könnte die emotionale Vergiftung diesen Umstand auf die Spitze treiben und dafür sorgen, dass es dir extrem schwerfällt, objektiv auf Personen und Situationen zu blicken, weil du so sehr mit dir selbst beschäftigt bist.
Wenn deine Gefühle vergiftet sind, zeigt sich das häufig in großer Unsicherheit. Vielleicht merkst du, dass du ständig eine Abwehr- und Verteidigungshaltung einnimmst, wenn jemand dich auf etwas ansprichst. Selbst bei Kleinigkeiten baust du eine Mauer um dich herum auf und blockst alles ab. Frei nach dem Motto "Angriff ist die beste Verteidigung" gehst du so eigentlich unnötige Konflikte ein, weil du deine Emotionen nicht unter Kontrolle hast.
4 ernsthafte Anzeichen für eine emotionale Vergiftung 1. Du bist ständig in Verteidigungshaltung 2. Dir fällt es schwer, die Dinge rational zu betrachten 3. Du kannst nicht loslassen 4. Du fühlst dich mental ausgelaugt
Das Wort Vergiftung verbinden wir in der Regel mit etwas Körperlichem – wir können unter einer Lebensmittelvergiftung leiden oder einer Blutvergiftung. Aber auch unsere Psyche und unsere Gefühle können vergiftet werden. Wenn wir gerade eine schwere Zeit durchmachen und/oder etwa traumatische Konflikte erleben, kann das zu einer emotionalen Vergiftung führen.
Denn wir sind emotionale Wesen, und dauerhafter Stress – auch seelischer – setzt uns zu. Egal, ob es um eine Trennung geht, Probleme im Job oder andere psychische Herausforderungen. Solche Belastungen können schwerwiegende Folgen haben und etwa in einer Depression oder einer anderen psychischen Erkrankung münden. Deshalb solltest du achtsam im Umgang mit deinen Gefühlen sein. Diese Warnsignale können dafür sprechen, dass du gerade unter einer emotionalen Vergiftung leidest.
Wir alle erleiden im Laufe unseres Lebens eine Vielzahl an psychischen Verletzungen, die in einer emotionalen Vergiftung enden können. Einige Warnzeichen solltest du ernst nehmen.
Von Traumata und Trigger: Warum "Therapy Speak" nicht Teil der Alltagssprache werden sollte
Es ist aktuell ganz häufig die Rede von Menschen, die andere gaslighten, von Traumata, die in manchen getriggert werden, von Grenzen und deren Überschreitungen. Solche Begriffe kommen ganz ursprünglich aus der Psychotherapie, haben sich aber mittlerweile zu sowas wie Trend-Begriffen in unserer Gesellschaft etabliert. Und ja: Das ist ein Problem. Denn Therapy Speak ist nichts, was inflationär im Alltag verwendet werden sollte.
Es gibt drei Arten von Narzisst*innen – nicht alle lassen sich sofort erkennen
Überall ist von Narzissmus die Rede. Es scheint, als hätte sich die psychische Krankheit zu einem Modebegriff entwickelt, der jedes unliebsame oder unkorrekte – in den meisten Fällen toxisch männliche – Verhalten erklären soll. Dabei ist nicht jeder egoistische Mensch auch ein narzisstischer Mensch. Andere Menschen wiederum sind Narzisst*innen, ohne dass man es ihnen direkt anmerkt. Um da nicht den Überblick zu verlieren und Narzissmus erkennen und korrekt benennen zu können, wollen wir Ihnen die unterschiedlichen Formen der Persönlichkeitsstörung näherbringen. In der Psychologie unterscheidet man dabei drei Narzissmus-Typen
Dafür gibt es jede Menge Literatur, die Anzahlt der Bücher und Veröffentlichungen ist gewaltig!
Dafür, dass Menschen ziemlich häufig als narzisstisch beschrieben werde, haben wir den Eindruck, dass nicht alle genau wissen, was Narzissmus eigentlich bedeutet. In der Psychologie betrachtet man Narzissmus zunächst mal als Persönlichkeitsmerkmal, das von einer schwachen Ausprägung bis hin zu einer klinischen Persönlichkeitsstörung reichen kann. Die wird im Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM-5) aufgeführt. Laut Definition zeichnet sich Narzissmus durch ein übersteigertes Bedürfnis nach Bewunderung, einen Mangel an Empathie und ein grandioses Selbstbild aus. Um die Diagnose einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu erhalten, müssen mindestens fünf der nachfolgenden Merkmale erfüllt sein:
Ein übertriebenes und unbegründetes Gefühl der eigenen Wichtigkeit, auch Grandiosität genannt Fantasien von unbegrenztem Erfolg, Macht, Brillanz oder Schönheit Der Glaube, besonders und einzigartig zu sein Bedürfnis nach übermäßiger Bewunderung Anspruchsdenken Ausnutzung zwischenmenschlicher Beziehungen Mangel an Empathie Neid auf andere oder der Glaube, andere seien neidisch auf einen selbst Arrogante, hochmütige Verhaltensweisen oder Einstellungen
Bei Menschen mit narzisstischen Zügen hat man es also mit Personen zu tun, die sich selbst für besonders wichtig oder überlegen halten und oft erwarten, dass sie andere entsprechend behandeln. Und da muss man jetzt ganz genau aufpassen bei der Unterscheidung: Hat man es mit einer Person zu tun, die narzisstische Züge aufweist und vielleicht die ein oder andere Voraussetzung erfüllt? Oder geht es wirklich um jemanden, der eine narzisstische Persönlichkeitsstörung hat, also an einer psychischen Erkrankung leidet? Wirft man einfach so mit der Diagnose "Narzissmus" um sich, begeht man die Gefahr, Therapy Speak zu betreiben. Gar nicht cool.
Narzissmus wird häufig bei Therapy Speak missbraucht
Die Diagnose der narzisstischen Persönlichkeitsstörung wird häufig falsch verwendet und trifft nicht immer auf die psychologische Erkrankung zu. Genauso wenig wie wir rumrennen und andere Menschen einfach so als bipolar, schizophren oder depressiv bezeichnen sollten, sollten wir ihnen andichten, narzisstisch zu sein. Dann sind wir nämlich schnell bei Therapy Speak, ein Verhalten, bei dem man psychologische Begriffe falsch einsetzt. Das ist den Betroffenen gegenüber unfair und halt auch einfach, sorry, dumm. I mean, niemand sonst würde ja einfach so über die Straße laufen und sagen "Er hat einen Hirntumor" oder "Sie leidet an Blasenkrebs", wenn es dafür keine Grundlage gibt. Oder zumindest keine Grundlage, die auf fundierten Fakten und Fachwissen beruht. Denn ja, viele Menschen denken, sie wissen, was Narzissmus ist und müssen damit noch nicht mal unbedingt falschliegen. Anderen Menschen aber gleich eine Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren ist trotzdem daneben. Um Therapy Speak zu vermeiden sollte man sich also entweder besser informieren, ab und an mal die Klappe halten und nicht alles mit therapeutischen Fachbegriffen benennen oder im Falle von Narzissmus eben lieber von "narzisstischen Verhaltenszügen" sprechen. Damit ist man auf der sichereren Seite.
Warum wir denken könnten, Narzissmus wäre weit verbreitet ...
Es mag vielleicht nur unsere Wahrnehmung sein, aber überall, wo über toxisches Verhalten bei Menschen gesprochen wird, fällt mittlerweile auch der Begriff "Narzissmus". Die psychologische Persönlichkeitsstörung ist zum Trend-Begriff avanciert und wird häufig verwendet, um egoistisches Verhalten oder verletzende Charaktereigenschaften zu beschreiben. In den sozialen Medien werden Ex-Partner*innen als Narzisst*innen abgestempelt, verstaubte Männlichkeitsbilder, die man durchaus auch kritisieren kann und sollte, werden als narzisstisch bezeichnet und die Grenzen zwischen dem, was wirklich Narzissmus ist und was nicht, verschwimmen. Dazu kommen prominente Beispiele, wie neue US-Präsidenten, die Psycholog*innen zufolge wirklich narzisstische Tendenzen haben und damit den Eindruck erwecken, die Persönlichkeitsstörung wäre weit verbreitet. Eine US-amerikanische Studie von Jean Twenge aus dem Jahr 2008, in der narzisstische Tendenzen bei Studierenden untersuchte, kam wirklich zu dem Ergebnis, dass Narzissmus zunehmen würde. Kritiker*innen bemängelten aber schon damals, dass man die Befunde nicht verallgemeinern dürfe. Jetzt hat eine österreichische Untersuchung auch das Gegenteil bewiesen.
... und damit auf die große Narzissmus-Lüge hereinfallen
Forschenden zufolge stimmt es gar nicht, dass Narzissmus entgegen der öffentlichen Wahrnehmung zunehmen würde. Ein Wissenschaftsteam der Universität Wien hat jetzt in einer groß angelegten Studie alle Narzissmus-Werte untersucht, die vergangene Untersuchungen zwischen 1982 und 2023 hervorgebracht haben – und auf Basis eines Samples von über einer halben Million Menschen festgestellt, dass Narzissmus nicht zu, sondern sogar abnehmen würde. In den vergangenen 40 Jahren sei die Zahl der Narzisst*innen stagniert, im Durchschnitt leicht zurückgegangen. Studienautor Jakob Pietschnig macht dafür negative Selbstvergleiche in den sozialen Medien sowie den gesellschaftlichen Wandel hinzu einer aufgeklärteren und toleranteren Weltanschauung verantwortlich. "[Die] angebliche Narzissmus-Epidemie hat keine empirische Grundlage", stellt er im Interview mit ZDF heute klar. Und genau deshalb sollten wir uns alle mal an die eigene Nase packen und zweimal darüber nachdenken, ob wir Menschen wirklich Narzissmus andichten wollen und damit möglicherweise Therapy Speak betreiben. Nicht jeder selbstbewusste, arrogante oder egoistische Mensch ist gleich ein*e Narzisst*in. Das heißt gar nicht, dass man diese Verhaltensweisen nicht auch kritisieren dürfte, ganz im Gegenteil. Aber vielleicht zur Abwechslung mal mit den richtigen Begrifflichkeiten.
Kaum ein anderer Begriff wird aktuell häufiger verwendet, um inkorrektes Verhalten von Menschen zu betiteln, als der des Narzissmus. Zumindest bekommt man diesen Eindruck, wenn man durch TikTok oder Instagram scrollt, sich mit der Gen Z über Dating-Phänomene unterhält oder die Akteur*innen der politischen Weltbühne in den Nachrichten verfolgt. Glaubt man diesem Eindruck, müssten überall nur noch Narzisst*innen herumlaufen, die ihre Mitmenschen durch ihre ich-bezogene Art unterdrücken und unter denen der Rest der Bevölkerung zu leiden hat. Aber stimmt das wirklich? Sind wir alle narzisstischer geworden? Oder wird die psychologische Persönlichkeitsstörung einfach nur als Trend-Begriff stilisiert? Eine groß angelegte Studie deckt die vermeintliche Narzissmus-Lüge auf.
Was es so schwer macht, mit umgekehrtem Narzissmus klarzukommen
Jetzt fragt man sich anstelle der Partner*innen: Ja Mensch, dann trenn dich halt. Ganz so einfach ist das aber nicht, zumal der umgekehrte Narzissmus meist noch nicht am Anfang der Beziehung erkennbar ist. Erst wenn sich die Betroffenen wirklich sicher sind, dass sie die andere Person von sich überzeugt haben, beginnen sie langsam ihre narzisstischen Eigenschaften auszupacken. Und das ist für die Leidtragenden gar nicht einfach, immerhin sind zu diesem Zeitpunkt ja intensive Gefühle im Spiel. Austauschen können sie sich selten, denken alle anderen doch, die besagte Partei sei die Nettigkeit in Person. "Jetzt hab dich nicht so" oder "Das kann ich mir bei XY gar nicht vorstellen", sind Sätze, die man dann häufig zu hören bekommt. Man beginnt selbst, an der eigenen Wahrnehmung zu zweifeln: Wie kann dieser nette und hilfsbereite Mensch denn nur so fies sein? Täusche ich mich da? Deshalb ist das mit der Trennung häufig gar nicht so schnell Thema. Und wie man dem umgekehrten Narzissmus trotzdem was entgegensetzen kann
Aushalten kann ja auch nicht die Lösung zum umgekehrten Narzissmus sein. Die schwierige Aufgabe bei dieser Form des Narzissmus ist, sie erst mal zu erkennen. Enttarnen kann man sie erst, wenn sie ihr wahres Gesicht zeigt und dann ist es für die andere Person in der Beziehung häufig schon zu spät. Aber was macht man, wenn sich der*die Partner*in plötzlich als gemeine Person herausstellt und zu allen nett ist außer zu einem selbst? Dann bleibt einem nichts anderes übrig, als den klassischen Weg im Umgang mit Narzisst*innen zu wählen: klare Ansagen machen, Grenzen setzen und Konsequenzen ziehen. Das ist natürlich nicht immer leicht, zumal narzisstische Menschen zu Provokationen neigen und häufig das Selbstbewusstsein der anderen kleinmachen wollen, um sich selbst besser zu fühlen. Gelingt das aber nicht, wird es schwierig, mit diesen Menschen überhaupt eine Beziehung zu führen, die in irgendeiner Weise gesund und glücklich ist. Dann muss man einfach an sich denken und die Partnerschaft gegebenenfalls beenden. Immerhin ist der umgekehrte Narzissmus eine Persönlichkeitsstörung, die behandelt und von niemandem ertragen werden muss.