Ausgabe 2014_02
Ehrenamtliches Engagement
Zweiter zahnärztlicher Einsatz in Nepal
Im letzten Jahr hatte ich meinen ersten Einsatz im Osten Nepals. In diesem Jahr, auch wieder im November, war ich etwa 120 km westlich von Kathmandu in einem kleinen Krankenhaus bei der Ortschaft Amppipal eingesetzt. Vermittelt wurde der Einsatz von GRVD (German Rotary Volunteer Doctors), einer humanitären Organisation, die von Rotary in Deutschland getragen wird. GRVD entsendet Ärzte und medizinische Fachkräfte in Länder mit medizinischer Unterversorgung. Haupteinsatzgebiete sind die Länder Ghana und Nepal. GRVD steht auch für Nicht-Rotarier offen.
Nepal gehört zu den ärmsten Ländern unserer Erde, das durchschnittliche Monatseinkommen liegt bei 18 Dollar. Das Land erstreckt sich über 800 km in ost-westlicher Richtung am Fuß des Himalayas. Geografisch liegt es auf der Höhe von Nordägypten. Der nord-südliche Durchmesser ist etwa 200 km. Innerhalb dieser Zone finden sich alle Bereiche der Vegetation. Im Süden der tropische Bereich in 60 m Meereshöhe, das Mittelland geht bis 3.000 m und im Norden liegt das Hochland mit der Gebirgskette des Himalayas und den Achttausendern. Von den vierzehn Achttausendern dieser Erde liegen acht in Nepal. Flächenmäßig ist Nepal halb so groß wie Deutschland und hat 30 Millionen Einwohner. Die Bevölkerung setzt sich zusammen aus etwa 100 Ethnien sodass ebenso viele Sprachen und Dialekte gesprochen werden, 80 Prozent sind Hindus, 10 Prozent Buddhisten. Die Landessprache Nepali wird nur von der Hälfte der Bevölkerung verstanden, deshalb setzt sich zunehmend Englisch durch. Die Nachbarn sind Indien im Süden und Westen, Tibet im Norden und Sikkim im Osten. Nur 1,5 Prozent der Staatsausgaben wird für die medizinische Versorgung aufgewendet. 25.000 Menschen kommen auf einen Arzt (in Deutschland sind es 335), die Säuglingssterblichkeit liegt bei 6 Prozent, Erkrankungen in Folge von Mangelernährung und schlechten hygienischen Verhältnissen sind hoch. Die mittlere Lebenserwartung beträgt 62 Jahre.
Einsatzort. Mein Einsatzort Amppipal ist nördlich der Hauptstrecke Kathmandu – Pokhara im Bezirk Gorkha. Amppipal liegt am Fuß der Hauptkette des Himalayas. Die letzten 10 km sind nur mit einem Geländefahrzeug über einen abenteuerlichen Weg zu erreichen. Während der Monsunzeit muss diese Strecke zu Fuß zurückgelegt werden. Das Hospital liegt einsam an einem Berghang, 1.100 m über dem Meeresspiegel, eine halbe Stunde Fußmarsch unterhalb der kleinen Ortschaft Amppipal. Die Umgebung ist traumhaft, der Blick geht zu den verschneiten Gipfeln der Achttausender Annapurna und Manaslu. Zusammen mit mir waren die gleichen Kollegen wie im letzten Jahr: ein Anästhesist, ein Internist und ein Chirurg. Das Krankenhaus wurde 1969 von der christlichen amerikanischen Organisation „United Mission to Nepal“ aufgebaut und betrieben. Es ersetzte eine alte Apotheke, die dort für die medizinische Versorgung der Bevölkerung zuständig war. Im Einzugsbereich leben derzeit etwa 200.000 Einwohner. 2001 stellte „United Mission“ plötzlich die Arbeit ein. Vermutet wird, dass sich die Organisation nicht an das strikte Missionierungsverbot in Nepal gehalten hatte und deshalb das Land verlassen musste. Zeuge dafür sind heute noch ein Gebetsraum und eine christliche Gemeinde mit 90 Mitgliedern. Von 2003 bis 2012 leitete der deutsche Chirurg Dr. Wolfhard Starke in ehrenamtlicher Tätigkeit das Hospital.
Medizinische Versorgung. Momentan sind drei nepalesische Ärzte ständig vor Ort, die den ambulanten und den stationären Bereich versorgen. Der operative Betrieb wird von wechselnden Gastärzten vorwiegend aus Deutschland getragen. Diese Ärzte werden von Nepalmed oder GRVD entsandt. Täglich kommen zwischen 50 und 100 Patienten zur Behandlung mit Verletzungen, Asthma, chronischer Bronchitis, Pneumonie, Tuberkulose, Durchfall, Typhus, Würmern, Fieber und anderen infektiösen Erkrankungen. Auch die Entbindungsstation ist gut belegt. Des Weiteren werden Familienplanung, Mutterschaftsvorsorge- und nachsorgeuntersuchungen sowie Impfprogramme durchgeführt. Die Krankenhauskosten werden anteilig vom Gesundheitsministerium Nepals, der Gemeinde Amppipal, der „United Mission to Nepal“ und den Behandlungsgebühren bestritten. Zusätzlich kommen Spenden sporadisch von privater Seite und kontinuierlich von Nepalmed. Für die Behandlung müssen die Patienten selber bezahlen. So kostet beispielweise eine Beratung 25 nepalesische Rupien (etwa 20 Cents), ein kleinerer Eingriff 350 NPR, eine größere Operation inklusive Anästhesie 13.000 NPR, der Bettensatz ist 110 NPR pro Tag. Die Kranken müssen von ihren Angehörigen versorgt werden. Für Patienten, die nicht für die Behandlung aufkommen können, steht ein Hilfsfonds zur Verfügung, der die Kosten übernimmt. Die meisten Patienten wohnen abseits von befahrbaren Wegen, so dass oft Tagesmärsche in Kauf genommen werden müssen, um zum Krankenhaus zu gelangen. Im Krankenhaus befindet sich eine gut ausgerüstete Zahnstation, die ständig von einem einheimischen Dental Assistant besetzt ist. Die Ausbildung zum Dental Assistant ist nicht akademisch und dauert drei Jahre. Dadurch ist dieser befähigt, einfachere Zahnbehandlungen selbständig durchzuführen.
Operative Eingriffe. Meine Aufgabe bestand darin, den Dental Assistant weiterzubilden (Hilfe zur Selbsthilfe) und kompliziertere Behandlungsmaßnahmen wie Wurzelfüllungen und operative Eingriffe durchzuführen. Aufgrund der langen Wegstrecke zum Krankenhaus erschienen die meisten Patienten erst, wenn die Zahnschmerzen nicht mehr zu ertragen waren. So bestand die überwiegende Behandlung in der Entfernung von nicht mehr erhaltungswürdigen Zähnen und Wurzelresten. Des Öfteren traten auch Weichteilabszesse dentogener Ursache von beachtlicher Größe auf, die zum Teil von extraoral eröffnet werden mussten.
Untergebracht waren wir im Gästehaus des Hospitals. Mittags wurden wir von einer Haushälterin, die auch unsere Wäsche wusch, mit „Dal Bhat“, dem Nationalgericht (Linsensoße mit Reis und Gemüse) versorgt. Im Gegensatz zum letztjährigen Einsatz in Manthali stand uns eine warme Dusche zur Verfügung und die Fenster waren verglast.
Fazit. Es war wieder eine große Freude und Genugtuung, diesen liebenswürdigen Menschen helfen zu können. Trotz harter Lebensbedingungen begegneten sie uns stets mit einem freudigen Lächeln. Dank Firmenspenden konnte ich an die Kinder der Umgebung Luftballons, Zahnbürsten und Kugelschreiber verteilen. Die strahlenden Kindergesichter entschädigten für manche Beschwerlichkeit dieser Reise.
Weitere Informationen im Internet unter www.grvd.de und www.nepalmed.de.
Dr. Klaus Prinz