»Instant Home Foundation« (IHF) baut Zahnklinik in Ladakh

#1 von carlos , 04.01.2012 10:15

Sicherheit zum Zusammenstecken
Wenn die Erde gebebt hat, wenn Überschwemmungen oder Erdrutsche, wenn ein Tsunami eine Region heimgesucht und verwüstet hat, dann kommt für die so existenziell betroffenen Menschen meist recht schnell Hilfe aus aller Welt.

Erst wird aufgeräumt, werden Lebensmittel und Medikamente geschickt und verteilt, dann folgen die Zelte. Man kennt den Ablauf; der Wiederaufbau fester Strukturen lässt jedoch immer wieder sehr auf sich warten. Dr. Frank Prochiner und seine Freunde vom Reutlinger Verein »Instant Home Foundation« (IHF) wollen diesen Ablauf an einem wichtigen Punkt entscheidend verbessern und statt Zeltplanen feste Wände und ein Dach überm Kopf schaffen. Ein Dach, das auch ein Gefühl von Sicherheit vermitteln kann.
So groß wie eine Haustür

Wie aber schafft man Häuser nach Tahiti, Bangladesch oder Ladakh? »Ganz einfach«, sagen der Ingenieur Prochiner und die anderen sechs Gründungsmitglieder des ein Jahr jungen Vereins: indem man handhabbare Elemente von der Größe einer Haustür herstellt, die sich fast beliebig und funktionstüchtig zusammenstecken lassen.
Ebenso einfach können die Elemente auf die klimatischen Verhältnisse vor Ort zugeschnitten werden, denn das eigentliche Stecksystem ist davon unabhängig. Zwei Mann stellen an einem einzigen Tag so ein kleines »Zwei-Mann-Haus« auf ? für größere Bauten braucht man natürlich ein bisschen mehr Zeit. Und damit sind wir auch schon ganz hoch oben, in Ladakh.
In jenem weltfernen Landstrich auf dem Dach der Welt, wo Indien an Tibet grenzt, verbringt der Reutlinger Zahnarzt Dr. Rainer Roos seit Jahren seinen Urlaub. Er gestaltet diese Urlaube stets ganz nach seinem Metier, will sagen: Er untersucht und repariert die Zähne der Menschen dort, Nomaden die meisten, auch viele Flüchtlinge aus Tibet. Jahrzehntelang war das Gebiet militärische Sperrzone, entsprechend marginal ist die Infrastruktur, zusätzlich erschwert durch die Lage in 3 500 bis 4 000 Metern über Meereshöhe.
Schirmherr Dalai Lama

Und als Roos dort einen jungen Kollegen kennenlernte, der zu helfen bereit war, fasste er den Entschluss, in Ladakh eine kleine Zahnklinik samt Wohnräumen für den jungen Zahnmediziner zu bauen. Der Dalai Lama hat sich als Schirmherr diesem Projekt verpflichtet, das ja auch vielen seiner geflohenen Landsleute zugute kommen wird.
Just zu dieser Zeit begegneten Prochiner und Roos einander beim Rotary-Club ? und das Projekt »stand«. Die IHF wird ihr erstes konkretes Vorhaben in Ladakh verwirklichen und die Zahnklinik modular bauen. Nun hoffen die beiden auf notwendige Hilfe (Stichwort: »Ladakh«, Konto 874 58 24, Kreissparkasse Reutlingen, BLZ 640 500 00), denn auch wenn sie die Vereinsangelegenheiten ganz aus eigener Tasche finanzieren ? bis hin zu einem Grundstück im Efeu mit einem Demo-Steck-Haus darauf ? , können sieben Vereinsmitglieder ein solches Vorhaben nicht alleine tragen. Mit rund 100 000 Euro, von denen er selbst die Hälfte aufzubringen bereit ist, meint Roos, meint auch der Verein, könnten sie hinkommen. Förderer, Sponsoren ? tue Gutes und sprich darüber ? sind auch mit passenden Sachspenden willkommen: die mangelhafte Infrastruktur in Ladakh macht es beispielsweise erforderlich, ein Energie-autarkes Haus zu bauen; Fotovoltaik-Hersteller wären da besonders willkommen. Umgekehrt muss der Verein schon einen Erfolg solcher Größenordnung vorweisen können, um später Fördermittel der öffentlichen Hand beantragen und so wirklich weiter helfen zu können.
Nicht von ungefähr gehören die Gründungsmitglieder von ihren Berufen her dem Bau- und Ingenieurswesen an, auch Ralf Kandlbinder, der an der Kerschensteinerschule unterrichtet, und mit seiner Frau Karin in der IHF aktiv ist.
Mit den Zimmerleuten, Schreinern und anderen Bau-Fachleuten an der Berufsschule ließen sich die notwendigen Module nicht nur rasch und fachkundig herstellen, aus diesem Kreis kommen immer wieder auch Verbesserungsvorschläge. Und Vorsitzender Prochiner kam auch nicht aus Versehen auf die Steckmodule: Sehr viel komplexere Systeme genau dieser Art entwickelt und fertigt er auch beruflich.
Mitstreiter erwünscht

Ob er den Vorwurf nicht fürchtet, unter dem Mantel der Mildtätigkeit für eigene Interessen Werbung machen zu wollen? »Ich hab? da einen freien Rücken und kann Beruf und privates Engagement sehr gut trennen«, winkt Prochiner ab. Rainer Roos ergänzt: »Erst muss man in seinem Metier so erfolgreich sein, dass man sich die Freiheit nehmen und es sich erlauben kann, sich für andere einzusetzen. Ob als Zahnarzt oder Ingenieur.«
Derzeit ist der Verein dabei, seine Kontakte zu anderen Hilfsorganisationen wie Habitat, Kindernothilfe oder Rotary im Sinne möglicher Kooperationen auszubauen und die eigenen Intentionen bekannt zu machen. Das ist viel Arbeit, und so wünschen sich die sieben IHF-Gründer außer den Sponsoren weitere Mitstreiter; nicht nur wegen der Mitgliedsbeiträge.
Patentierte Idee

Entstanden ist der Verein nach Arbeiten an den Universitäten von Stuttgart und München, wo Prochiner sein weltweit patentiertes »Instant Home« entwickelt hat. Die Architektur-Studentin Jutta Frank hat dieser Technik ihre bestbenotete und ? selten genug ? konkret umgesetzte Diplomarbeit gewidmet, verunglückte jedoch wenig später tödlich. Spontan versprach Prochiner den trauernden Eltern, diese Technik für einen guten Zweck einzusetzen und dafür einen Verein zu gründen; Jutta Franks Bruder Martin gehört zu den Gründungsmitgliedern der »Instant Home Foundation«.
Nun fließen die beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen Prochiners in die Umsetzung dieses Versprechens ebenso selbstverständlich ein wie die der anderen Vereinsmitglieder.

Die IHF-Gründungsmitglieder (von links) Rainer Roos, Frank Prochiner, Karin und Ralf Kandlbinder mit Skizzen der geplanten Zahnklinik aus Steck-Elementen in Ladakh.

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