Einsatz in Ladakh: 400 Zähne an einem Tag!

#1 von carlos , 01.01.2012 23:45

Die Berge sind ein beliebtes Urlaubsziel. Den Zahnarzt Rainer Roos aus Neuhausen zieht es seit elf Jahren in die Berge. Vier Wochen verbringt er in jedem Sommer im Himalaja, in der Region Ladakh ganz im Norden von Indien. In der bei Trekking-Touristen beliebten Hochgebirgsregion macht er eine spezielle Art des Abenteuerurlaubs: Er behandelt Zahnpatienten. Dafür hat er den „Mittelstandspreis für soziale Verantwortung in Baden-Württemberg“ erhalten. Diesen Preis vergeben die Caritas und das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft.Kurz vor Weihnachten 1999 war Rainer Roos mit seiner Frau Ulrike, die von Beruf Dentalhygienikerin ist, bei einer Fortbildung in München. Da habe ein Kollege Fotos „von einer völlig unbekannten Region im Himalaja“ gezeigt und gesagt, dass es dort ein reiches Betätigungsfeld für Zahnärzte gebe. „Meine Frau und ich haben uns zehn Sekunden angeschaut, ob wir es machen oder nicht“, erinnert sich Roos. „Es war eine Sekundenentscheidung.“ Im Sommer 2000 flog Roos erstmals in die „zutiefst buddhistisch geprägte Region“ am Oberlauf das Indus. „Das ist eine richtige Wüste.“ Es gibt nur 50 Millimeter Niederschläge im Jahr. Der Indus, der durch das Hochtal fließt, und die von den Gletschern der über 7000 Meter hohe Berge gespeisten Bäche ermöglichen Landwirtschaft. Damals befand sich in der Nähe der Hauptstadt Leh ein Hilfszentrum im Aufbau, das Mahabodi-Center. Dort richtete der Zahnarzt auf eigene Rechnung eine Praxis mit zwei Behandlungseinheiten ein. Er sagte sich: „Wenn ich schon hier investiere, möchte ich auch, dass die Praxis läuft.“ Das bedeutete, ein paar Wochen im Jahr dort selbst zu arbeiten. Zusammen mit dem Verein „Kinder des Himalaja“ erreichte er es, dass die Praxis inzwischen im Sommermonaten mit deutschen Zahnärzten belegt ist. Die Leitung gab er 2008 an den Verein ab.
Bewahrer der tibetischen Kultur

Rainer Roos arbeitet nicht mehr in der Praxis, sondern packt eine mobile Behandlungseinheit in einen Jeep, um Menschen in entlegenen Dörfern auf einer Höhe zwischen 3500 und 5000 Metern zu behandeln. Sogar ins militärische Sperrgebiet an der Grenze zu China geht er hinein. „Die Dentaleinheiten kaufe ich in Indien, denn sie müssen ja auch einmal repariert werden.“ Sie seien so einfach konstruiert, dass auch er dazu in der Lage sei.

Das dünn besiedelte Ladakh sei der Bewahrer der tibetischen Kultur, erzählt Roos. Flüchtlinge aus dem benachbarten Tibet machten ein Drittel der Bevölkerung aus. Laut Zensus von 2001 leben in der kargen Region nur 270 000 Menschen. Im SOS-Kinderdorf lernte Roos einen einheimischen Zahnarzt kennen und freundete sich mit ihm an. „Der setzt sich unheimlich für seine Bevölkerung ein.“ Obwohl er nur ein monatliches Salär von 200 Euro erhalte. Ihn möchte Roos so weit bringen, „dass er eine eigene Praxis führen kann“. Um ihn auszubilden, holte er den Kollegen im vergangenen Winter nach Neuhausen. Auch anderen Ladakhis finanzierte er schon eine Ausbildung in Deutschland.

Wenn Rainer Roos im Ladakh aktiven Sommerurlaub macht, unterstützt ihn seine Frau Ulrike immer. „Es ist viel Abenteuerurlaub“, sagt er schmunzelnd. „Wenn wir auf Behandlungstour sind, wissen wir nie, wo wir abends ankommen“. Sie machen nicht nur Zahnbehandlungen, sondern informieren die Bevölkerung, vor allem die Kinder in den Schulen, über Zahnhygiene.

Nicht vergessen wird er den härtesten Arbeitstag, den er zusammen mit seiner Frau und einer Kollegin aus München absolvierte. Ein Rektor habe sie gebeten, seine Schule zu besuchen. „Da haben wir an einem Tag 400 Kinder behandelt und 400 Zähne gezogen.“ Am Abend „hat mir das Kreuz weh getan“. Roos kümmert sich nicht nur um die zahnärztliche Versorgung, er unterstützt auch soziale und ökologische Projekte und sammelt dafür Spenden. Durch die Altgoldspenden seiner Patienten in Neuhausen kommen jedes Jahr zwischen 5000 und 10 000 Euro zusammen. „Alles, was gespendet wird, fließt eins zu eins in die Projekte“, versichert er. Finanziert werden damit zum Beispiel Solaranlagen, mit denen an Schulen Strom erzeugt wird, damit die Kinder an Computern arbeiten können. Eine Stromversorgung gebe es im Ladakh nicht.
Nullenergiehäuser sind das Ziel

Die Schulausbildung liegt dem Zahnarzt sehr am Herzen. Vor einigen Jahren seien noch 90 Prozent der Bevölkerung Analphabeten gewesen. Ein starkes Interesse hat er auch daran, Verfahren zu entwickeln, „wie man energieneutral bauen kann“. Holz zum Heizen ist in der Wüstenregion rar, andere Materialien gibt es nicht - und im Winter sinken die Temperaturen auf minus 30 Grad. Sie seien auf einem guten Weg, Nullenergiehäuser mit einfachen Materialen zu bauen.

Ein paar Tage zweigt das Ehepaar Roos in jedem Urlaub für sich ab. „Ein bisschen Kultur muss auch sein.“ Schließlich gibt es im Ladakh Klöster, die älter als 700 Jahre sind, und eine beeindruckende Natur. „Diese Landschaft macht einen süchtig.“ Den Dalai Lama hat das Ehepaar Roos schon getroffen. „Direkt vor unserer Haustür hat er seine Sommerresidenz.“ Seine Residenz haben sie besichtigt. Sie waren überrascht, wie bescheiden er dort lebt.

Beeindruckt ist Rainer Roos auch von den Menschen. Sie strahlten eine enorme Ruhe und Zufriedenheit aus, und sie arbeiteten hart. Als im August 2010 sintflutartiger Regen zu verheerenden Überschwemmungen führte, viele Menschen ums Leben kamen oder obdachlos wurden, „hat man keinen Ladakhi jammern hören“. Alle hätten sofort zugepackt und auch Lösungen gefunden. „Die Menschen, die nichts haben, können mit dem Nichts umgehen.“


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zuletzt bearbeitet 01.01.2012 | Top

RE: An einem Tag 400 Zaehne gezogen

#2 von carlos , 01.01.2012 23:45

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