Seit einigen Jahren betreibt der Nonnenhorner Zahnarzt Ekkehard Schlichtenhorst mit seinem Verein eine Zahnarztpraxis in Bolivien. Während der Corona-Krise kriselte es auch in der bolivianischen Zahnarztpraxis. Seit August 2021 läuft es wieder. Und die Praxis wurde sogar ausgebaut. Trotzdem kommen so viele Menschen, dass sie an ihre Grenzen stößt.
Seit 2013 betreibt Ekkehard Schlichtenhorst, eigentlich im Ruhestand, gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen in Bolivien eine Zahnarztpraxis. Bei dem zahnärztlich-humanitären Hilfsprojekt des Vereins Förderkreis Clinica Santa Maria (FCSM) helfen Zahnärzte und -techniker aus ganz Europa ehrenamtlich.
Mittlerweile haben sogar zwei Lindauer Zahnärzte und einer aus dem Landkreis Lindau in Bolivien mitgeholfen. Und auch für das kommende Jahr haben sich genug ehrenamtliche Zahnärzte, Studenten und Zahntechniker als Volontarios gemeldet, um das Projekt weiterhin zu stemmen.
Menschen warteten auf zahnärztliche Behandlung
Das war nicht immer so. Weil sich nicht genügend Freiwillige gefunden hatten, musste die Praxis in dem kleinen Anden-Dorf Huancarani gelegentlich einige Wochen schliessen, besonders während der Corona-Pandemie für 16 Monate. Die Menschen in dem kleinen Dorf hatten aber bereits sehnsüchtig darauf gewartet, dass sich wieder jemand um ihre Zähne kümmert, erzählt Ekkehard Schlichtenhorst.
Mittlerweile laufe es wieder besser. Durch Corona hätte sich so viel angestaut, dass jetzt umso mehr Menschen in die Praxis kommen. „Wir haben fünf Monate lang im Notfall-Modus gearbeitet“, sagt er. Und das, obwohl in der Praxis dank des neuen Raumes, jetzt viel mehr Menschen behandelt werden können. „Wir stoßen trotzdem gelegentlich noch an unsere Grenzen.“
In die vollausgerüstete Zahnarztpraxis mit zwei Sprechzimmern, einem Prophylaxeraum und einem zahntechnischen Labor könnten im besten Fall am Tag um die 30 Menschen kommen. „Wenn wir jedem genug Zeit bieten möchten, sind mehr Menschen nicht möglich“, sagt Schlichtenhorst. Oft sei die Nachfrage aber so groß, dass sich lange Schlangen vor der Praxis bilden, und fortschicken wollen die Ärztinnen und Ärzte auch niemanden.
Neuer Behandlungsraum, mehr Patienten möglich
Der neue Behandlungsraum sei mittlerweile auch voll ausgestattet. Geld dafür hat der Verein über die SZ-Weihnachtsaktion „Helfen bringt Freude“ bekommen. Insgesamt kosteten Liegen, Geräte und Technik 12 000 Euro. Das medizinische Material und die Ausstattung komme zu einem großen Teil aus Deutschland, so Schlichtenhorst. Denn man wolle den Zahnärztinnen und Technikern vor Ort das Equipment bieten, das sie aus der Heimat kennen.
Das Projekt hat auch schon erzieherische Wirkung gezeigt. Während früher die Patienten nur als Schmerzfälle kamen, haben die Hinweise zur Zahngesundheit Früchte getragen, indem jetzt viele Patienten "nur zum Nachschauen" kommen.
Das Projekt des Nonnenhorner Zahnarztes hilft den Menschen vor Ort nicht nur dabei, einen Arzt für ihre Zähne zu finden, es schafft auch Arbeitsplätze. Per Zufall lernte Ekkehard Schlichtenhorst im vergangenen Jahr einen jungen Mann namens Wilfredo kennen, der in dem Dorf lebt und eigentlich als Schreiner arbeitete. Wegen einer Operation am Rücken konnte er in seinem Beruf nicht mehr arbeiten. Deshalb half er für einige Zeit in der Praxis aus. Mittlerweile wurde der junge Bolivianer durch seinen Bruder Henry ersetzt, erzählt Schlichtenhorst. „Er ist mit Eifer dabei, macht Rezeptionsarbeit, assistiert am Stuhl und ist für die Aufbereitung der Instrumente verantwortlich.“ Wilfredo mache jetzt eine Ausbildung zum Piloten.