Sie wollte einen handwerklichen Beruf erlernen und Menschen helfen, beides fand sie im Beruf ihres Vaters, ihres Onkels und ihres Großvaters: Carolin Halbing ist in dritter Generation Zahnärztin. Aktuell schreibt sie an ihrer Doktorarbeit. Schon während des Studiums träumte sie davon, einmal an einem zahnärztlichen Hilfsprojekt teilzunehmen. Nach bestandenem Examen und Erhalt ihrer Approbation setzte die junge Frau ihre Idee in die Tat um: Sie reiste für sechs Wochen nach Brasilien, um dort Kinder zu behandeln, die sich sonst keinen Zahnarzt leisten können.
Über Bekannte erfuhr Carolin Halbing vom Zahnärztlichen Hilfsprojekt Brasilien e.V. Sofort war sie von diesem Projekt und der Idee für sechs Wochen nach Brasilien zu reisen begeistert. Nach schneller und unkomplizierter Organisation über das Hilfsprojekt startete sie mit drei Studienfreundinnen Anfang Februar in Richtung Brasilien. Da Karneval vor der Tür stand, nutzten sie die Gelegenheit und verbrachten die erste Woche in Rio de Janeiro.
Nach dem ersten Wochenende im Kloster teilten sie sich in Zweierteams auf, um in zwei der sieben Stationen der Hilfsorganisation rund um Recife zu behandeln: Magalhaes Bastos ist ein von sechs Nonnen geführtes Kloster im Nordwesten der Stadt, das zahlreichen Straßen- und Armenkindern aus brasilianischen Favelas der Umgebung eine Schulbildung ermöglicht. Sao Joaquín befindet sich etwa 130 Kilometer weiter im Landesinneren. Auch hier gehen rund 90 Kinder im Alter von fünf bis zwölf Jahren täglich zur Schule und werden zudem mit drei Mahlzeiten versorgt.
„Nach dem morgendlichen Gebet auf dem Schulhof holten wir die Kinder einzeln aus der Klasse zur Behandlung“, erzählt die junge Zahnärztin. „Ich hatte mir die Einrichtung der Praxen einfacher vorgestellt.“ Aber die Stationen seien gut ausgerüstet, weil die Zahnärzte, die sie betreuen, sehr gut organisieren und viel spenden. Und wer am Hilfsprojekt teilnehme, sammle zuvor Spenden und bringe einen Koffer „voller Zahnbürsten, Zahnpasta oder sonstigen benötigten Dingen mit.“
Der Gebisszustand der Kinder reichte von „tudo bem“ – also „alles klar“ – bis „absolut desolat“ und stellte nach Halbings Worten die jungen Zahnärztinnen vor echte Herausforderungen: von reinem Zahnputztraining an Stofftieren über Füllungen bis hin zur Extraktion hatten sie alle Hände voll zu tun. „Trotz der ein oder anderen vergossenen Krokodilsträne waren die meisten Kinder sehr tapfer, haben toll mitgemacht und uns fast immer zum Dank umarmt“, erzählt Carolin Halbing. Denn: In Brasilien können sich nur Wohlhabende den Zahnarzt leisten.
„Wir wurden wie Stars behandelt“
Auf dem Schulhof winkten ihnen die Schüler von weitem zu, riefen „Dentistas, Dentistas“ und kamen in Scharen zu ihnen gerannt. „Wir haben uns gefühlt wie Stars“, erklärt Carolin Halbing. Unter der Woche lebten sie im Kloster. Die Wochenenden waren frei, die Frauen nutzten sie für gemeinsame Ausflüge.
Mit der Sprache sei das so eine Sache gewesen: Die Mehrheit der Brasilianer spreche ausschließlich Portugiesisch. Die jungen Zahnärztinnen hatten vor ihrer Reise einen kurzen, intensiven Onlinesprachkurs absolviert. „Wir sprachen lupenreines Portugiesisch“, sagt Carolin Halbing und lacht. So hatte einmal eine kleine Patientin auf Carolins portugiesischen Erklärungsversuche mit fragendem Blick geantwortet: „Fala normal!“, „sprich normal!“. Und so manch anderer Gesprächspartner habe sich gewundert, welche Sprache die jungen Frauen da wohl sprächen. Dennoch konnten sie sich mit ihren Sprachkenntnissen und dem Einsatz von Händen und Füßen mit den Brasilianern gut verständigen.
Ein bisschen traurig, weil sie sich von den Kindern verabschieden mussten, aber zufrieden, reich an Erfahrungen und unvergesslichen Begegnungen kehrten die vier jungen Dentistas nach Deutschland zurück. Die Arbeit mit den Kindern habe ihnen sehr viel Freude bereitet und sie nicht nur in beruflicher, sondern auch persönlicher Hinsicht geprägt. „Wir haben viel gelernt. Dafür sind wir sehr dankbar. Obrigada Brasil! Danke Brasilien!“