Mit der thüringischen Organisation Dentists for Africa e.V. fuhren im Februar und März vier Zahnärzte für einen sechswöchigen Hilfseinsatz nach Nyabondo, Kenia. Der Verein ist eine Aktionsgemeinschaft, der nach dem Motto "Hilfe zur Selbsthilfe" mit den Franziskaner Schwestern die Aus- und Weiterbildung einheimischer Zahnmedizinstudenten, Oral Health-Officers, Zahntechniker und Medical Engineers fördert. Zahnmedizinisches Personal aus Afrika und Europa organisiert dabei die zahnmedizinische Aufklärung, Reihenuntersuchungen und die anschließende Behandlung von Schulkindern.
Zusätzlich werden individuelle Patenschaften für kenianische Waisenkinder und Witwen vermittelt. In dem Witwendorf haben sich Aids-infizierte Frauen zusammengetan und betreiben dort ein Selbsthilfeprojekt.
Aus dem Hörsaal nach Afrika
Jutta Wilkens-Schaper leitete den Einsatz. Sie war bereits zum dritten Mal in Nyabondo. Begleitet wurde sie von Felix Zimmermann, Simon Schmitt und Franziska Sitter. Alle drei sind junge Zahnärzte aus Göttingen, die im November 2013 ihr Studium erfolgreich beendeten.
Im Durchschnitt entsendet die Organisation alle zwei Monate Helfer nach Kenia. Darunter sind neben Zahnärzten auch Zahnarzthelfer, Zahntechniker, Arzthelfer sowie andere mit medizinischen Qualifikationen. Auch Nichtmediziner können sich durch einen Hilfseinsatz im Patenschafts- und Witwenprojekt beteiligen.
Behandlung nur gegen Bargeld
Die Dichte der zahnmedizinischen Versorgung in Kenia ist sehr gering, der Versorgungsgrad der Bevölkerung schlecht. Oft müssen die Patienten einen weiten Weg auf sich nehmen, um zu einem Zahnarzt zu kommen. Alle Behandlungen müssen komplett privat bezahlt werden, da es keine gesetzlich-verpflichtende Krankenversicherung gibt. Und Zahnbehandlungen sind für die Bevölkerung teuer.
Meistens kommen die Patienten erst, wenn die Schmerzen schon sehr stark und die Zähne nicht mehr erhaltungswürdig sind. Oft wird sich daher für die günstigste Variante - eine Extraktion - entschieden.
Die Organisation betreibt insgesamt elf Zahnstationen in den Slums der Großstädte Nairobi, Nakuru und Kisumu sowie in den ländlichen Regionen Westkenias - unter anderem in Asumbi, Kisii, Kamplomboi und Nyabondo, wo auch die erste Zahnstation der Organisation steht.
Die Station ist an das St. Josephs Hospital angegliedert. Das Dorf liegt etwa 40 Kilometer südöstlich vom Viktoriasee im Westen Kenias. Alle Zahnstationen sind an Krankenhäuser oder Konvente angegliedert, die von Schwestern des Franziskanerordens betrieben werden.
Absauganlage aus einem Kärcher-Sauger
Alle Zahnstationen sind mit neuen luftgesteuerten Behandlungseinheiten brasilianischer Herkunft ausgestattet. Die Zahnstation in Nyabondo besteht aus zwei Einheiten. Die Helfer bringen regelmäßig neue Materialien mit, so dass zum Beispiel Instrumente, Füllungs- und Naht-, und Verbrauchsmaterialien immer auf dem neusten Stand sind. Trotzdem fehlt es regelmäßig an Kanülen und Articain.
Da bis dato in einer der beiden Einheiten keine Absauganlage integriert war, bauten die Helfer aus einer Rohrkonstruktion und einem Kärcher-Sauger eine einfache und gut funktionierende Variante. Diese selbst gebaute Konstruktion soll nun für die übrigen Zahnstationen nachgerüstet werden, die nicht über eine integrierte Absauganlage verfügen.
Ein Meister der Extraktion
In Nyabondo arbeiten Nicolas (Oral Health-Officer), Caren (Helferin) und Dominic (Zahntechniker). Die Ausbildung zum Oral Health-Officer dauert in Kenia drei Jahre und erlaubt es, alle Behandlungen durchzuführen, die auch ein Zahnarzt macht. Auch wenn die Ausbildung in vielen Belangen deutlich weniger fundiert ist als ein Zahnmedizinstudium, war Nicolas ein Meister der Extraktion. Die Zahnärzte unterstützten ihn, indem sie ihm Hilfestellungen und Tipps bei der Anästhesie, Wurzelkanalbehandlungen und Kunststofffüllungen gaben.
Nicolas ist eins der Waisenkinder aus dem Waisenprojekt von Dentists for Africa. Seine Ausbildung zum Oral Health-Officer wurde vom Verein bezahlt. Als Gegenleistung verpflichtete sich Nicolas für fünf Jahre in der Zahnstation im St. Josephs Hospital zu arbeiten. Ein Problem in Kenia ist, dass in staatlichen Einrichtungen bis zu 50 Prozent mehr Gehalt bei kürzeren Arbeitszeiten gezahlt wird. Auf diese Weise geht den nichtstaatlichen Einrichtungen qualifiziertes Personal verloren.
Wenige Meter hinter der Zahnstation liegt das Zahntechniklabor, in dem Dominic arbeitet. Er ist etwa 40 Jahre alt, hat vier Kinder und ist in der Einrichtung seit Gründung der Station. In seinem luftig-hellen Labor mit den nötigsten Gerätschaften ist er neben der Herstellung von Total- und Klammerprothesen auch für die Entwicklung der Röntgenfilme zuständig. Dazu dient eine schwarze Holzbox mit lichtdichten Eingriffen für die Hände. Die Entwicklung der Filme erfolgt blind.
Prophylaxe-Vortrag in vier Sprachen
Eine der Hauptaufgaben des Aufenthaltes war die Untersuchung der Schüler an den Primary Schools in der näheren Umgebung. Das Team besuchte fünf Schulen. Pro Schule mussten knapp 300 Schüler untersucht werden. Die assistierenden Krankenschwestern notierten die Namen der Schüler und die jeweilige Behandlungsbedürftigkeit. Die Kosten für die Behandlung der Schüler und der Lehrer trug der Verein.
Bevor die Untersuchung der Schüler und Lehrer stattfand, hielt Dominic einen 20-minütigen Vortrag zum Thema Zahnpflege. Da die Kinder der Schulen meist verschiedenen Stämmen angehören, war der Vortrag eine Mischung aus vier verschieden Sprachen.
Das Beste für die Gäste
Während des Einsatzes war es den Helfern möglich, die Menschen und ihre Kultur in Kenia hautnah kennenzulernen. Mitarbeiter des Krankenhauses sowie der Zahnstation luden das deutsche Team in ihre bescheidenen Häuser ein. Die Gastfreundschaft der Kenianer ist sehr groß. Selbst diejenigen, die selbst nicht viel haben, versuchen ihren Gästen das Beste zu bieten.
Trotz der vielen Fortschritte, die in den vergangenen Jahren mit Hilfe der Zahnärzte und Laien erzielt wurden, gibt es noch viel zu tun. Vor allem im Bereich des unternehmerischen Denkens und langfristiger Planung sind Verbesserungen nötig. Die Hilfsmöglichkeiten sind vielfältig: Interessierte können an Hilfseinsätzen teilnehmen, Sach- oder Geldspenden leisten, eine Waisenpatenschaft übernehmen oder dem Verein beitreten.
Die Organisation ist ausschließlich gemeinnützig, finanziert sich durch Spenden und Mitgliedsbeiträge und lebt vom ehrenamtlichen Engagement ihrer Helfer, die sich der Verbesserung der zahnmedizinischen Situation in Kenia verschrieben haben.