Obwohl Hans Ritzenhoff nach fast 40 Jahren, in denen er eine Zahnarztpraxis leitete, seinen Ruhestand in vollen Zügen genießen könnte, denkt er nicht daran. Jeden Montag und Donnerstag klingelt bei dem Solinger um fünf Uhr morgens der Wecker. Während seine Frau noch schläft, frühstückt Hans Ritzenhoff ausgiebig. Dann macht er sich auf den Weg zum Bahnhof und nimmt den Zug ins rund 43 Kilometer entfernte Hagen.
Seit fast sieben Jahren arbeitet der pensionierte Zahnarzt dort ehrenamtlich als einer von 25 Mitarbeitern in Luthers Waschsalon. In der diakonischen Einrichtung der Stadtkirchengemeinde können Wohnungslose und Menschen mit wenig Geld frühstücken, sich duschen oder ihre Wäsche waschen. "Für die Menschen dort ist das ein wichtiger Treffpunkt, da sie oft nicht die Möglichkeit haben, diese Dinge zu Hause zu erledigen, aber auch, weil einige sozial sehr vereinsamt leben", sagt Ritzenhoff.
Außerdem haben die Gäste die Möglichkeit zu einer allgemeinmedizinischen und zahnärztlichen Versorgung. Für die zahnmedizinische Behandlung ist Hans Ritzenhoff als einziger Zahnarzt der Einrichtung zuständig. "Hier behandle ich an den Vormittagen zwischen vier und sechs Patienten", so Ritzenhoff. Dass er nach seiner Pensionierung nicht vollkommen untätig sein wollte, war dem Zahnarzt schnell klar. "Wenn der Berufsalltag vorbei ist, fällt man erst mal in ein tiefes Loch", sagt der 75-Jährige, "außerdem hatte ich einen Beruf, den ich nicht einfach so an den Nagel hängen mochte."
In seinem heimischen Keller richtete er sich einen kleinen Raum mit zahnmedizinischen Geräten ein, in dem er bis vor wenigen Jahren noch ab und zu gute Freunde behandelte. "Im Sommer 2007 rief mich außerdem eine Helferin aus meiner ehemaligen Praxis an", berichtet Ritzenhoff. Sie hatte einen Bericht über Luthers Waschsalon im Fernsehen gesehen und sofort gedacht, dass das etwas für den Solinger Zahnarzt sein könnte. "Ich habe mich direkt vorgestellt, und dort freute man sich natürlich sehr über mein Angebot", so der Solinger. Von der nah gelegenen Universität Witten/Herdecke hat der Zahnarzt eine Lehrbefähigung erhalten, jeden Montag behandeln zwei Studenten unter seiner Anleitung die Patienten in Luthers Waschsalon und bekommen so Praxiserfahrung.
"Im Dentallabor der Uni werden dafür Anfertigungen für unsere Patienten gemacht", sagt Ritzenhoff. Den Solinger erfüllt diese Aufgabe sehr: "Es gibt mir eine gewisse Freiheit, etwas zu tun, wofür ich nichts bekomme." Auch der Kontakt zu den anderen Ehrenamtlern sowie den Studenten ist für ihn eine Bereicherung. Obwohl er nach einem Tag im Waschsalon oft abgekämpft ist, sieht der 75-Jährige kein baldiges Ende seiner Tätigkeit: "solange ich noch fit bin, mache ich weiter." 2017 engagiert er sich seit einem Jahrzehnt für den Waschsalon. "So lange will ich mindestens durchhalten", sagt Ritzenhoff.