Bericht Famulatur Madagaskar

#1 von carlos , 08.12.2012 21:34

Primär gab es für uns zwei wichtige Gründe zu famulieren. Wir wollten unsere Schul-Französisch-Kenntnisse auffrischen und verbessern und wir wollten in einem Entwicklungsland mit meinen zahnmedizinischen Vorkenntnissen anderen Menschen helfen. Die Möglichkeit ein anderes Land kennenzulernen und eine unbekannte Kultur zu erfahren, war natürlich auch von Bedeutung.

Unsere Wahl fiel letztendlich auch aufgrund der sehr guten Kontakte zu unserer Ansprechpartnerin auf Madagaskar. Hauptinformationsquelle waren die Famulaturberichte der ZAD Homepage. Einige Famulantinnen konnten uns die Email Adresse der Administratorin der Zahnklinik in Madagaskar schicken. So wurde der Kontakt zur Klinik in Mahajanga, einer mittelgroßen Stadt an der Westküste Madagaskar schnell hergestellt. Der Kontakt mit der dort leitenden Professorin war freundlich und unkompliziert. Sehr schnell war klar dass wir in Mahajanga unsere Famulatur machen können. Die einzige Auflage der Klinik war die Mitnahme von Dentalspenden. Die Hauptaufgabe in der Vorbereitungsphase war vor allem das Schreiben von Briefen an Dentalfirmen mit der Bitte um Spenden. Tatsächlich konnten wir vor unserem Abflug circa 60 kg an Spenden mitnehmen, die wir dank des großen Freigepäckkontingents der großen französischen Fluglinie ohne zusätzliche Kosten mitnehmen konnten.

Wir flogen also Mitte Februar von München nach Antananrivo, der Hauptstadt Madagaskars, in der wir von der verantwortlichen Professorin Georgette Ralison empfangen wurden. Die ersten Nächte in der Hauptstadt hatte die Professorin für uns ein Hotel reserviert. Die Weiterfahrt nach Mahajanga mit einem Buschtaxi war ebenfalls bereits gebucht. Zwei Tage konnten wir die Hauptstadt erkunden und uns schon ein wenig an das Klima, Land und Leute gewöhnen. Am Tag unserer zehnstündigen Fahrt nach Mahajanga stand leider noch nicht fest wo wir die nächsten sieben Wochen übernachten und wohnen sollten. Auf der Buschtaxifahrt lernten wir eine ältere französische Dame malgaschen Ursprungs kennen, die uns in ihrem Haus in Mahajanga eine Unterkunft anbot. Wir konnten bei Ihr die gesamte Zeit unseres Aufenthalts in einem circa 15qm großen Zimmer zu dritt schlafen. Insgesamt mussten wir ihr eine geringe Miete von circa 75€ zahle.

In den nächsten Tagen lernten wir die Gebäude der Klinik, die Verantwortlichen und unsere madagassischen Kommilitonen kennen. Die Klinik war in einem mittelmäßigen Zustand. Insgesamt standen 15 Behandlungsplätze zur Verfügung. Die Einheiten waren alle nicht voll funktionsfähig. An keiner gab es eine funktionierende Absauganlage, Wasserkühlung war nicht vorhanden und Luftbläser funktionierten nur unzureichend. Alle Studenten mussten sich eine Turbine und ein Winkelstück teilen. Die gebrauchten Instrumente wurden mit einer Bürste grob mit Seife von Blut gereinigt. Die Studenten hatten keine Einmalhandschuhe und Mundschutze. Durch die politische Krise aus dem Jahre 2009 hatte die Universität keine finanziellen Mittel diese zu erwerben.

In Deutschland im Überfluss vorhandene Produkte wie Watte waren sehr oft Mangelware. Oft waren die Patienten so arm, dass der behandelnde Student die Kosten für die Zahnfüllung übernahm da sonst nur die Extraktion des Zahnes durchgeführt werden konnte. Über unsere Spenden freuten sich sowohl die Klinik Leitung als auch die Studenten, die damit auch die Möglichkeit wieder hatten Patienten zu behandeln. Insgesamt waren 60kg Spenden auch sehr viel. Vor allem Produkte zum Selbstschutz und Desinfizieren waren sehr wichtig. Temporäre Füllmaterialien sind dort wirklich sinnvoll und gute Instrumente sehr rar. Improvisieren mussten wir eigentlich bei allen Patienten.

Die madagassischen Studenten waren sehr aufgeschlossen und sehr nett. Durch ihre Hilfe konnten wir in den darauffolgenden Wochen viel über die Universität und Zahnmedizin lernen. Die Studenten sprachen teilweise sehr gutes Französisch und halfen uns oft als Übersetzer. Die Professoren gaben sich Mühe ihren Studenten etwas beizubringen. Die Patienten wurden sehr umfassend anamnestisch befragt und befundet. Der Behandlungsplan wurde jedoch eher dem studentischen Bedarf angepasst. Sprachprobleme gab es eigentlich keine, denn die Ärzte konnten sich einigermaßen gut in Französisch auszudrücken und medizinische Sachverhalte erklären. Für uns war es natürlich anstrengend sämtliche medizinische Begriffe zu lernen, aber nach einiger Zeit hatten wir uns daran gewöhnt.

Im Laufe unserer ersten Wochen stellte sich jedoch heraus, dass wir zu einem eher ungünstigen Zeitpunkt nach Madagaskar gekommen waren. Seit dem Regierungsputsch im Jahre 2009 gab es keine gewählte Regierung und die bestehende Regierung war zu sehr damit beschäftigt Regierungsposten auszuhandeln, als sich um universitäre Belange zu kümmern. So fehlt der Universität nahezu sämtliches Geld. Infolge dessen blieb diese für mehrere Monate geschlossen. Nur für uns deutsche Studenten wurde die Klinik geöffnet und nur weil wir Materialien mitbrachten, konnten die madagassischen Studenten Patienten behandeln. So gab es leider in den darauf folgenden Wochen relativ wenige Patienten, da sich in der Stadt eher schleppend die Nachricht verbreitete, dass die Zahnklinik wieder geöffnet hatte. Pro Behandler hatten wir circa drei Patienten in einer Woche von 8 bis 16Uhr. Für unsere Verhältnisse war dies einfach zu wenig Arbeit.

Eine Woche allerdings hatten die Verantwortlichen der Universität einen Aufenthalt außerhalb der Stadt organisiert. Der „Stage en brousse“ war für uns eine interessante Erfahrung. Mit Campingstühlen, Wassertöpfen und vor allem Extraktionszangen und Hebeln ausgestattet fuhren wir circa eine halbe Stunde aus der Stadt in ein Dorf. Dort konnten wir fünf Tage lang die Bevölkerung mit fälligen Extraktionen versorgen. Leider war dies oftmals die einzige Möglichkeit den Patienten zu helfen. Auch viele Kinder mussten behandelt werden. Insgesamt wurden in der Woche circa 140 Zähne bei Älteren Menschen als auch bei Kindern gezogen. Zusammenfassend kann man sagen dass dies eine sehr gute Woche war, in der wir sehr viel lernen konnten.

Zum Ende unseres Aufenthaltes wurde in Madagaskar eine offizielle Regierung gebildet und die politische Krise könnte sich in den nächsten Monaten deutlich verbessern und so auch für Austauschstudenten deutlich attraktiver werden. In der jetzigen Situation können Studenten vor allem Extraktionen lernen.

In der Freizeitgestaltung waren wir in Madagaskar sehr frei. Oft sind wir am Wochenende mit dem Buschtaxi mehrere hunderte Kilometer gefahren um an eher touristischen Attraktionen wie Nationalparks oder Stränden teilnehmen zu können. Sehr schöne Erfahrungen konnten wir aber auch zum Beispiel mit einfachen madagassischen Fischer machen, mit denen wir im Kanal von Mozambique nach Thunfischen angeln waren. Die Menschen sind alle sehr aufgeschlossen und nett, wir hatten keine Situation in der wir uns bedroht fühlten. Der Madagasse an sich ist ein ruhiger Zeitgenosse, bei dem es auch schon mal etwas länger dauern kann gemäß des dortigen Mottos: Mura mura - langsam langsam.



Die Verpflegungskosten sind in Madagaskar als gering einzuschätzen. Eine einfache Mahlzeit kostet circa einen Euro. In Restaurants haben wir meistens nicht mehr als 2 Euro für ein Essen bezahlt. Sehr gut waren die Speisen die frisch gegrillt abends an Stränden und Promenaden serviert wurden. Früchte und Obst waren sehr gut und ebenfalls günstig. Die besten Speisen allerdings haben wir von den madagassischen Studenten bekommen, die uns die lokale Küche am besten servieren konnten. Getränke sind meistens genauso teuer wie ein komplettes Essen. Wir wollten aber kein Leitungswasser trinken um eine Bakterieninfektion auszuschließen.

Sebastian Zwinge

Leo Krüger

Famulatur in Madagaskar

17.09.2011 14:21

Adresse vor Ort:

IOSTM ( Institut d’Odonto-Stomatologie Tropicale de Madagascar)

7 rue Marechal Joffre BP 98

Mahajanga (401)

MADAGASCAR



Tel: 261 20 62 22834



Ansprechpartnerin:

Prof. RALISON Georgette

georgette@mail.univ-mahajanga.mg

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TONGA SOA in Madagaskar! Ein Famulaturbericht
Famulatur in Madagaskar IOSTM ( Institut d’Odonto-Stomatologie Tropicale de Madagascar)

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