"Dass wir helfen konnten, war wunderbar. Aber ich bin recht traurig wieder heimgefahren": Zahnärztin Dr. Sabine Kopecz blickt mit gemischten Gefühlen auf ihren Einsatz in Sambia zurück: Einerseits ist sie froh und stolz, den Menschen geholfen zu haben; andererseits weiß sie, dass das Land "Riesenprobleme" hat, an denen vereinzelte Hilfsaktionen nichts ändern.
Für den Hilfseinsatz, der von "Zahnärzte ohne Grenzen" unterstützt wurde, opferten sie ihren Urlaub: Mit ihren Mitarbeiterinnen Nicole Seipel und Martina Schmid reiste Dr. Kopecz nach dem Weihnachtsfest für zwei Wochen nach Siavonga im Süden Sambias. Der 18.000-Einwohner-Ort liegt am Nordufer des Kariba-Stausees an der Grenze zu Simbabwe. "Das wollte ich schon immer machen", erklärt Sabine Kopecz. Sie sei über fünf Jahre Mitglied bei "Zahnärzte ohne Grenzen" und habe die Arbeit des Vereins immer interessiert verfolgt. "Die sind in der ganzen Welt unterwegs." Aus Rücksicht auf ihre Familie habe sie gewartet, "aber die Jungs sind jetzt aus dem Haus", also habe sie es gewagt. "Und ich hatte das große Glück, dass meine Mitarbeiterinnen mich begleiten."
Für Flug, Unterkunft und Benzin haben Dr. Kopecz und ihre Mitarbeiterinnen privat bezahlt. Vor der Reise nach Sambia hatten sie aber viel Unterstützung erhalten. Neben Geld wurden ihnen Verbandskästen, deren Haltbarkeitsdatum abgelaufen war, gespendet. Die Tanzschule Kronenberger veranstaltete für sie einen Tanzabend und die Band "Watt nu?" ließ "Rock für Sambia" erklingen.
Sie verständigten sich auf Englisch sowie mit Gestik und Mimik. Die Zahnärztinnen waren zum einen in einer Abteilung des District Hospitals tätig. Aber überwiegend gingen sie auf "Outback-Einsätze": Sie packten den "Pick-up"-Kleinlaster voll und machten sich ins Umland auf. "Es war jedes Mal die Rallye Paris-Dakar": Für zwei oder mehr Stunden ging es über holprige Pisten, um Krankenstationen, Schulen oder Waisenhäuser zu besuchen. Hierfür standen ihnen mobile Zahnstationen mit den wichtigsten Instrumenten zur Verfügung.
"Wir waren in einem Ort, da war noch nie zuvor ein Zahnarzt." Überall wurden sie sehr freundlich empfangen. Die Leute auf dem Land wohnen ihr zufolge in einfachen Lehmhütten, mit Gras gedeckt. Kein Bad, keine Latrine, gekocht wird auf einem Stein in der Mitte. Zur nächsten Quelle oder zum Fluss müssen die Leute bis zu acht Kilometer zu Fuß laufen. Die Armut zu erleben, war das Schlimmste für Sabine Kopecz, "das tat immer so richtig weh".
"Beim ersten Einsatz im Outback standen 200 Leute Schlange", erzählt Dr. Kopecz. "Nach 63 haben wir kapituliert, also sind wir am nächsten Tag wiedergekommen." In einem Dorf, weit draußen, kümmerten sie sich um zirka 80 Kinder - Vorsorge und erste Füllungen. "Die trugen nur Fetzen. Wenn man da den Luxus bei uns erlebt, schämt man sich."
Hauptsächlich bestand ihre Arbeit aus Zähneziehen, so schlimm war der Zustand der Gebisse. Eine Sanierung war kaum möglich und von den Zähnen, die zerstört waren, wurden auch nur die entfernt, die den Leuten Schmerzen bereiteten. "Es war Improvisation pur", so Sabine Kopecz. Selten gab es Liegen oder Zahnarztsessel, also kippte sie einen Stuhl gegen die Wand und schob Steine unter die Beine. Auf der Stirn hatten sie eine "Grubenlampe", weil die Stromversorgung vor Ort wenn überhaupt nur sporadisch funktionierte. Die Zähne wurden mit Muskelkraft herausgehebelt. Immerhin hatten sie Schmerzmittel und Antibiotika dabei.
Am Schlimmsten war "die fürchterliche Hitze": Obwohl es Regenzeit war, erreichte das Thermometer bis zu 50 Grad. Zwingend notwendig war, auf die eigene Gesundheit zu achten. So trugen die Zahnärztinnen Mundschutz und dicke Handschuhe, je zwei übereinander. Sambia hat mit die höchste Aids-Rate Afrikas. Neben der Immunschwäche suchen auch Malaria und Cholera die Menschen dort heim.
Aufklärung über Hygiene sei dringend notwendig, so Sabine Kopecz. Jeder ihrer Patienten habe die Zahnbürste, die sie ihm schenkte, gerne angenommen. Aber die wenigsten hätten gewusst, dass es andere Wege gibt, die Zähne gesund zu erhalten. "Alle haben ein Handy", erzählt sie, sich bewusst, wie bizarr das klingt. Doch das traditionelle Wissen um Körperpflege, etwa den gesunden Saft der Tamarinde, gehe verloren. Wohlmeinende Hilfsorganisationen oder staatliche Entwicklungshilfe schaffen ihr zufolge nicht immer Abhilfe: "Zu viele Köche rühren in diesem Brei, ohne ihn je geschmeckt zu haben." So hat sie eine Schule gesehen, deren Hof mit 60 Toilettenhäuschen vollgestellt wurde, weil die Spender das verlangt hatten. "Aber wer macht die sauber?"
Dr. Kopecz bewegt die "sehr schwierige" Frage, wie man dauerhaft etwas verändern kann. "Man hat das Gefühl, sie kommen einfach nicht weiter." Nicht nur, weil in Sambia Straßen, Stromnetze, Kanäle und andere Infrastruktur fehlen. Auch gebe es durchaus ein Bildungssystem, zwölf Jahre besuchten die Kinder die Schule dort in der Regel. Aber "Arbeit zu finden, das ist das Problem". Viele gut ausgebildete Leute, auch Ärzte, verließen Sambia auf der Suche nach gut bezahlten Stellen.