„Haiti und die UN“

#1 von carlos , 26.06.2011 16:00

„Wir dürfen Haiti nicht vergessen!“

Über 100 interessierte Zuhörer kamen ins Internationale Begegnungszentrum der Universität zum Vortrag „Haiti und die UN“.

Die Erdbebenkatastrophe in Haiti bewegt die Menschen tief. Zu spüren war dies auch im Internationalen Begegnungszentrum (IBZ II) an der Universität Konstanz. Über 100 Zuhörer fanden sich anlässlich des eilig von Professor Wolfgang Seibel vom Fachbereich Politik und Verwaltung anberaumten Vortrags „Haiti – und die UN“ ein. Mit Professor Peter Schumann, Melanie Schreiner und Sebastian Döring hat das Exzellenz-Cluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ gleich drei kompetente Experten an der Hand, die die komplexen Zusammenhänge der Problemregion dem Publikum nahebringen konnten. Gastwissenschaftler Peter Schumann war bis 2007 hoher UN-Beamter und war in vielen Krisengebieten vor Ort im Einsatz. Melanie Schneider und Sebastian Döring forschen als Organisationswissenschaftler zu den Identitäts- und Organisationsstrukturen der UN-Friedensmissionen.

Sebastian Döring leitete die Veranstaltung mit aktuellem Informationsmaterial ein: „Angesichts der Vielzahl von UN-Organisationen, anderen Hilfsorganisationen und US-Interventionen, ist besonders die Koordination untereinander von großer Wichtigkeit.“ Nach Einschätzung von Melanie Schreiner funktioniere dies angesichts des Chaos und Schockzustandes auch erstaunlich gut. Unter den Zuhörern kam dennoch die Frage auf, ob die UN kopflos und chaotisch handele. Dieser Einschätzung begegneten alle drei Redner vehement, indem sie deutlich machten, wie schwerwiegend auch für die UN-Mitarbeiter vor Ort die Verluste seien. „Ganze Teams und der gesamte Führungsstab der Militär-Mission sind ums Leben gekommen oder sind verletzt.

In so einer Situation von Kopflosigkeit zu sprechen, halte ich für nicht angebracht“, entgegnete Schumann. „Man muss sich einmal vorstellen, dass mit einem Schlag alle Entscheidungsträger und Verantwortlichen, die diese Koordinationsarbeit leisten könnten, weg sind. Da wäre auch in weniger katastrophalen Situationen zunächst einmal Stillstand. Angesichts der logistischen Probleme vor Ort ist es eine Meisterleitung, was die Menschen zustande gebracht haben.“

In einem Vergleich mit der Tsunami-Katastrophe von 2004 machte Peter Schumann deutlich, dass es sich zwar ebenfalls um unvorstellbare Menschenverluste gehandelt habe, dass aber bei Haiti hinzukomme, dass ein einziges Land mitsamt seinen Verwaltungsstrukturen total zerstört worden sei. Es sei wichtig, in drei Wochen, wenn die große Afghanistan-Konferenz tagt, immer wieder auf Haiti und die Folgen hinzuweisen. „Wir dürfen Haiti nicht vergessen.“

Wolfgang Seibel merkte an, wie wichtig es sei, Koordinationsmanagement akademisch auszubilden. Das gebe es in Deutschland leider noch kaum. Am Ende der Veranstaltung war für alle klar, dass bei Berichterstattungen viele Dinge nicht beleuchtet werden. Zugleich wurde jedoch deutlich, dass es auf eine Katastrophe diesen Ausmaßes einfach keine klaren oder noch keine klaren Antworten gibt.

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