Erfahrungsbericht von Marcel Zöllner
Drei Wochen in Guadalupe - eine richtig schöne Zeit !
Mit einem dicken Kloss im Hals und etwas traurig hab ich Guadalupe und viele neugewonnene Freunde am 10ten Sept. 2004 wieder verlassen. Dem voran gingen drei unbeschwerte, tolle Wochen, die ich mir so nie vorgestellt hätte.
Mit einer grossen Kiste zahnärztlicher Spendenmaterialien bin ich am 21sten August in Quito angekommen. Die Familie Proano hat mich herzlich empfangen, fürstlich bewirtet und dann in das viel zu kurze Bett gesteckt. Die Nacht war kurz, an Schlaf war kaum zu denken und weiter gings am nächsten Morgen mit dem Flugzeug nach Catamayo,wo mich Pepe auch schon erwartete. Nach einem kurzen Abstecher über den Markt von Loja, einem zweiten Frühstück, ging’s nach Guadalupe.
Wie oft hatte ich schon Fotos über die Clinica und die Residencia gesehen, doch dann stand ich endlich davor. Die Unterbringung in der Residencia ist fantastisch. Ein eigenes Zimmer mit Bad und WC für jeden. Jeden Morgen ein entspanntes Frühstück auf der Verranda mit Blick über das Tal. Es ist rundherum für alles gesorgt.
Mittags und abends gibt es dann für die ganze Mannschaft Essen im Missionshaus. Die Schwestern sind immer sehr neugierig und interessiert und fragten am Anfang eine Menge. Ich hatte zum Glück vor meiner Abreise mir einen kleinen Sprachcomputer gekauft und so kam ich schnell zu den Wörtern. „Uno momento.....dip,dip,dip,dip, aha da wars schon! Es ging immer lustig bei Tisch zu und oft bogen sich alle vor lachen. Eine gute Stimmung! Insgesamt waren alle gut drauf und jeder hatte gute Laune und Spässe waren an der Tagesordnung.
Die Arbeit in der Clinica war auch klasse! Insgesamt muss ich sagen, hab ich es nie als Arbeit empfunden, sondern eher als Aktivurlaub. Die erste Woche hab ich im Labor gearbeitet und Placas angefertigt. Nach langer Zeit mal wieder zahntechnisch arbeiten, da hab ich mich am Anfang etwas schwer getan. Aber, unterstützt von meiner treuen Assistentin Germania, gings schon bald besser und die Placaproduktion lief an. Kritisch muss ich zugeben, das die Qualität der Placas noch nicht dem entspricht, wie ich mir das vorstelle. Da müssen wir uns in den kommenden Jahren anstrengen, um das zu verbessern. Zahntechniker könnten das natürlich am besten und auch das Labor weiter optimieren. An dieser Stelle sollte man ansetzen.
Auch zahntechnische Arbeit ist manchmal gefährlich. Da rammte sich doch die immer gutaufgelegte Germania eine gebogene Klammer in den Daumen. Meine erste Handchirurgie. Ich musste den Daumen anästhesieren und die ziemlich verwundene Klammer aus dem Daumen herausdrehen. Germania biss die Zähne zusammen und hielt tapfer durch. Zum Abschluss folgte ein Druckverband und nach zwei Tagen war schon alles wieder in Ordnung.
Nach dem Relaxing-Wochenende in Vilcabamba mit Falco und Sarah ging es dann in der zweiten Woche auch bei mir mit behandeln richtig los. Wir hatten nicht soviele Patienten, da der allgemeinmedizinische Teil mit Ärzten nicht besetzt war und so versorgten wir „nur“ ca. 20-25 Patienten am Tag.
Ich habe mit Lida zusammengearbeit und wir beiden waren schon ein tolles Team. Sie hat mich super unterstützt und vorallem sehr viel bei der Kommunikation mit den Patienten abgenommen. Zusammen mit Ulrike Bär und ihrer männlichen Assistenz „Wilfried“ war die zahnmedizinische Abteilung voll besetzt.
Zur Behandlung ist folgendes zu sagen : Man kann hier konservierend-endodontisch-chirurgisch Behandlungen mit gleicher Qualität, wie in Deutschland durchführen. Ich hab meine Composite-Füllungen unter Kofferdamm gemacht und auch die Endos in lateraler Kondensation mit den dazugehörigen Röntgenbildern. Amalgamfüllungen im Seitenzahnbereich nach konsequenter Kariesexkavation. Bei den vielen Extraktionen hab ich darauf geachtet, das ich wirklich eine gute Anästhesie setze und nicht mit dem Anästhetikum geize. Wo soviele Extraktionen an der Tagesordnung sollte man möglichst schnell und schmerzarm arbeiten. Das gilt natürlich auch bei Kindern mit Milchzahnextraktionen. Dabei hab ich oft ein Oberflächenanästhetikum verwendet und mir bei der Injektion Zeit gelassen. Die meisten Kinder sind auch wirklich tapfer und halten still.
Durch den frühen Verlust der Milchzähne und der 6 Jahr-Molaren kommt es natürlich zu zahlreichen Zahnfehlstellungen, Kippungen, Elongationen, Hochständen und Verdrägungen aufgrund von Platzmangel. Eine Patientin wollte sogar ihre kariesfreien oberen Eckzähne entfernt haben, weil diese hoch im Vestibulum standen und sie ästhetisch beeinträchtigten. Natürlich hab ich sie nicht gezogen, aber es zeigt deutlich das Problem auf.
Die zahnmedizinischen Behandlungsräume sind aus meiner Sicht gut bestückt. An die Einheiten muss man sich etwas gewöhnen, aber sie funktionieren perfekt. Für die Behandlung sind alle Materialien vorhanden und findet man etwas nicht sofort, Lida findet es bestimmt.
Die Nachfrage nach Placas von Seiten der Patienten ist riesengroß. Wir mussten teilweise den Ansturm etwas bremsen und die Patienten auf später vertrösten. Leider traten doch das ein oder andere mal Probleme mit den Placas auf. Sei es, das die Prothesen nicht hielten, die Okklusion nicht stimmte oder der Patient mit der Ästhetik nicht zufrieden war. Wir konnten das zwar korrigieren, aber die Patienten mussten teilweisen nochmal wiederkommen.
Eine grosse Hilfe und ständig parat war Amanda, die amerikanische Krankenschwester. Vorallem wenns ums Übersetzen ging, war sie immer da. Sie wusste immer Rat und hat alles gemanaget. Ohne sie hätte das wahrscheinlich nicht so reibungslos geklappt.
Schön wars dann auch, wenn wir nach Behandlungsschluss mit dem Kiniksteam in der Runde zusammensaßen und bei Schokobananen geplaudert und gelacht haben. Ich hoffe, das bei Rita die Guadalupe-Bridge hält. Ästhetisch sieht es auf jeden Fall besser aus, als vorher mit den Riesenfüllungen.
Schließlich traffen noch Loki, Jill und Phil in Guadalupe ein. Auch mit ihnen ergab das eine lustige Truppe. Loki organisierte das klinische Labor, Phil war Family Doktor und Jill Krankenschwester.
Am zweiten Wochenende sind wir nach Yacuambi mit dem Buss gereist und haben uns dort den Sonntagsmarkt und die Umgebung angesehen. Am Samstag vorher sind wir zu einer nahegelegenen Frog Farm gewandert und haben uns mit Fröschen eingedeckt. Die hat uns Lida dann zubereitet und am Sonntagabend gabs dann ein gemütliches Abendessen bei ihr. Die ganze Nacht hat es in meinem Bauch gequarkt.
Wenn man Zeit hat, sollte man an einem schönen Tag auf den Hausberg von Guadalupe steigen. Von dort oben hat man eine tolle Sicht über das ganze Tal und kann ein Luftfoto von Guadalupe und dem Missionsgelände machen.
Ganz herzlich bedanken möchte ich mich noch bei den Schwestern Alexandra, Gladdies, Carmen und Ediz, die immer freundlich zu mir waren und mich herzlich aufgenommen haben.
Der Abschluss meines Aufenthalts war eine Party in der Guadalupe-Disco „Antrax“. Bei alten, bekannten Dance-Floor-Klassikern aus meiner Teenagerzeit feierten und tanzten wir ausgelassen.
Am nächsten Tag ging es nachmittags mit dem Bus nach Loja und am nächsten Morgen mit dem Flugzeug zurück nach Quito.Einen Abstecher noch nach Cotocachi und Otavalo, wo ich reichlich eingekauft habe und am Sonntag ging der Flieger zurück nach Deutschland.
Ich kann jeden, der sich einmal mit dem Gedanken trägt, nach Guadalupe zu kommen, dies nur wärmstens empfehlen. Für mich war es eine unvergessliche Zeit, die ich nie im Lebens missen möchte. Mit frischen Gedanken und einem klaren Geist bin ich zurückgekehrt. Ich weiss, dass das nicht mein einziger Aufenthalt in Guadalupe sein wird. In der Zukunft werde ich mit mehr Zeit wiederkommen.
Dank an dich Georg, das ich hierher kommen und Guadalupe erleben durfte.
Marcel Zöllner
Ludwigsburg, 25. September 2004