Burma behind the curtain
Interplast Germany ist ein gemeinnütziger Verein von Plastischen Chirurgen, der seit über 10 Jahren Operationseinsätze in Burma durchführt (24 Einsätze an 13 verschiedenen Einsatzorten). Interplast Germany fokussiert das individuelle Einzelschicksal und versucht angeborene Handicaps im Kindesalter durch konstruktive Operation zu beseitigen, so dass Kinder sich besser in ihrem sozialen Umfeld bewegen und durch die funktionellen Verbesserungen nach Verbrennungskontrakturen wieder ein normales Leben führen können. Über 6000 Kinder sind bei den Einsätzen ambulant untersucht worden und über 2600 Kinder konnten sich einer rekonstruktiven Operation unterziehen.
Wir führen diese Einsätze immer mit Burmesischen Plastischen Chirurgen aus Yangon durch, so dass die Bevölkerung erfährt, dass auch einheimische Kollegen hier sachkompetent und nachwestlichem Standard Operationen durchführen. Um Nachhaltigkeit zu erzeugen, haben wir begonnen uns auf die Ausbildung zu konzentrieren, Stipendienaufenthalte zu finanzieren und Infrastrukturverbesserungen im Lande durchzuführen, wo wir kleine Krankenhäuser im Operationsbereich renovieren oder neu gestalten, sowohl mit baulichen Veränderungen als auch die Operationseinrichtungen wie Operationstische, OP-Lampen und Autoklaren. Insgesamt haben wir 5 Krankenhausprojekte abgeschlossen, mit einer Investitionssumme von 280.000$.
Der letzte Einsatz (April 2008) fand in Zentralburma in Kalaw statt, wo wir ethnische Minderheiten operierten; 80% Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten, insbesondere Kleinkinder im Alter zwischen 1 und 3 Jahren. Bei diesem Einsatz wurde der Schwerpunkt auf Ausbildung gelegt. Ein erfahrener, und zwei jüngere Chirurgen mit Vorkenntnissen, die man aus der Umgebung zusammen gezogen hatte, sind jetzt in der Lage, selbständig Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten und den Gaumenverschluss durchzuführen. Wir konnten ihnen kleine Tipps und Tricks vermitteln, die Ihre Ergebnisse deutlich verbesserten.
Burma
Geduldiges Warten auf die Operation
Nach anstrengenden OP Tagen von 9 bis 13 Stunden, kamen wir relativ erschöpft am Freitag, den 2. Mai, nach Yangon, wo wir uns noch einmal mit unserem Kollegen aus der Plastischen Chirurgie im General Hospital zu einer kleineren Konferenz verabredet hatten und weitere Projekte für das kommende Jahr zu besprechen.
Die Monsunzeit muss wohl vorzeitig angefangen haben. Regenfälle waren in den Tagen zuvor schon deutlich verstärkt aufgetreten. Wir waren von unseren Burmesischen Freunden sowie von offizieller Stellen auch im Hotel gewarnt worden, dass ein Zyklon bevorstehe und dass wir das Hotel nicht verlassen sollten. Die Situation im Hotel wurde erst in den frühen Morgenstunden zwischen 3 und 6 Uhr dramatisch, da wir uns dann direkt im Auge des Zyklon befanden. Von unserem Hotelzimmer, welches sich im Parterre befand, konnten wir sicher und ohne Panik die zerstörende Wirkung der Natur beobachten. Das Schindeldach des Hotels wurde partiell auf unsere Terrasse geschleudert und die wunderbaren alten Tropenbäume mit Stämmen von 2 Meter Durchmesser wurden mit samt ihrem Wurzelwerk rausgerissen oder zerbarsten wie Streichhölzer. In den frühen Morgenstunden konnten wir die Umgebung inspizieren. Auch hier das gleiche Bild von umgestürzten Bäumen, Lichtmasten, Strommasten am Straßenrand machten es unmöglich sich mit dem Auto fortzubewegen. In der Umgebung der Shwedagon Pagode und des Hotels konnten wir auch keine verletzten Bewohner ausmachen, bewunderten die Ruhe der Bevölkerung, die allmählich anfing zunächst einmal ihre Häuser von umgestürzten Bäumen zu befreien und sich dann später auf die Straßen zu konzentrieren, um Verkehr wieder möglich zu machen.
Burma
Yangon 3.5.2008 Burma
Auf diesen Riesen-Tropenbäumen saßen manchmal 20 bis 30 Personen, die dann mit kleinen Küchenbeilen oder Handsägen die Bäume zerteilten. Größere Handsägen wurden dazu benutzt mit abwechselnden Teams die großen Stämme zu zerteilen. Bis in die späten Abendstunden war es bedingt möglich, sich mit dem Auto wie beim Hindernislauf fortzubewegen. Da der Strom und Telefon ausgefallen waren, konnten wir nur über unser Satelliten-Handy über Deutschland das Ausmaß der Katastrophe erfahren und waren zu unserer emotionalen Entscheidung bereit in das Delta vorzudringen. Rational wussten wir, dass eine Genehmigung für das Delta nicht zu erhalten war. Es hat sich auch bestätigt, da erst nach 5 bis 7 Tagen Hilfstrupps ins Delta gelassen wurden. Wir hätten also dort frustriert in Yangon gewartet, um dann doch nicht helfen zu können.
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Im Delta 7 Tage später Burma
Der Entschluss nach Hause zu kommen war für uns schmerzlich und beschämend, da wir alle das Land lieben gelernt haben und die Menschen in ihrem friedlichen Buddhismus bewundern, wie sie all ihre täglichen Sorgen mit Geduld ertragen. Der Buddhismus scheint ihnen hier eine große Stütze zu sein. Man sagt "annisa, dokka, annata", das heißt "Das Leben ist ein Leidensweg, alles ist vergänglich und es gibt kein EGO". Etwas unverständlich erscheint für uns die Reaktion der Regierung, die verzögert und ganz allmählich Hilfsgüter akzeptiert und vor allen Dingen professionelle Teams ins Land zu lassen. Was die Küstenregion braucht, sind Nahrungsmittel und Feldlager, zumindest einmal das Notwendigste zu erhalten. Auf der anderen Seite muss man auch kritisch sehen, dass sich viele unprofessionelle Hilfsorganisationen an den Hilfsmaßnahmen beteiligen wollen, die jedoch unerfahren und ineffektiv arbeiten. Viele Mediziner haben mich angerufen und sagten, sie wollen nach Burma fahren und helfen. Man kann diese nur tun, indem man sich den großen Organisationen anschließt, die die logistische Erfahrung haben und effektive Arbeit zu verrichten.
Um all diese Reaktionen direkt zu verstehen, muss man sich unserem Europäischen Wertesystem entziehen und versuchen, das aus der Sicht der Burmesen zu sehen. Burma gehört zu den 10 ärmsten Ländern der Welt. Sie haben 60 Jahre Krieg. Seit 1948 sind immer wieder ethnische Minderheiten mit der Regierung in bürgerkriegsartigen Verhältnissen und sie haben 30 Jahre lang eine internationale selbst gewählte Isolation geschaffen, die eine ökonomische Entwicklung und demokratische Bestrebungen verhindert hat.
Zum Schluss, und das ist für Interplast das Wichtigste, ist die humanitäre Hilfe unter allen Umständen auszubauen, die Entwicklungspolitik oder Entwicklungshilfe mit nationaler und internationaler Hilfe (N.G.O.s ) zu fördern, um zumindest den Stand der Entwicklungshife zu erreichen, wie ihn Laos, Kambodscha und Vietnam erhalten hat. Millionen von Kindern leben an der unteren Armutsgrenze und sind zumindest auf jede Hilfe angewiesen, um sie auf internationalen Standard anzuheben. Auch die Ärmsten der Armen in Burma haben das Recht auf internationale humanitäre Hilfe und dürfen nicht bestraft werden wegen der politischen Missverhältnisse der Regierung. Hier haben wir, und darauf bin ich stolz, bereits angesetzt, damit wir seit über 10 Jahren in Burma arbeiten und uns mit der Myanmar Foundation dem Schulsystem von Waisen widmen und mit Interplast Germany Operationseinsätze durchführen und immer in Zusammenarbeit mit Burmesischen Kollegen, die unseren internationalen Interplastgedanken aufgegriffen haben und mehrmals im Jahr unentgeltlich in abgelegenen Regionen Op Einsätze durchführen.
Die tragischen Ereignisse, die sich am 3. Mai 2008 in Burma ereignet haben, haben uns alle tief getroffen. Die Menschen in Burma, die uns alle aufgrund ihrer Sanftheit und Zufriedenheit tief beeindrucken, sind vom Zyklon Nargis überrascht worden.
Wir haben die fürchterliche Kraft eines Zyklons am eigenen Leibe erfahren können, sind aber unverletzt geblieben, so wie viele der Yangon'er Bevölkerung. Anders, daß haben Sie jetzt in den Medien gesehen, sieht es im Flußdelta aus, wo die Menschen ungeschützt den Naturgewalten ausgesetzt waren und die humanitäre Hilfe leider viel zu spät eintrat.
Wir, die normalerweise keine Soforthilfeaktionen starten und eher in der 2. Welle , wenn es darum geht Krankenhausstationen wieder aufzubauen oder Patienten sekundär zu versorgen, haben uns entschlossen Soforthilfe zu leisten.
Durch unsere persönlichen Kontakte durch die zur Zeit nicht arbeitenden, uns bekannten Reiseführer, die Angehörige im Flussdelta haben, sind wir mit der Logistik der Myanmar Bavarian Traveltours unter Leitung von Kalayr Moe Schreiber (Interplast - Amara Klinik) bereit zu helfen. Ein Schiff wurde gechartert, die Erlaubnis des zivilen Gesundheitsministers liegt vor, so dass das Schiff mit Lebensmitteln, Wasserkanistern, Wasserdesinfektionstabletten, Malariaschnelltest beladen wurde um sich in das Flußdelta aufzumachen, in die Region, wo die Angehörigen der uns bekannten Freunden wohnen. Somit können wir hier gezielt individuell im kleinen Maße Soforthilfe leisten. Organisiert wurde bisher eine Versorgungsstation im Delta auf einer vorgelagerten Insel mit ca. 3000 Einwohnern und eine Station im Umkreis von Yangon, die man dann in 4 Stunden von Yangon aus mit dem Auto erreichen kann. Hier wird ein Shuttleservice alle ein bis zwei Tage fahren, um dort Nachschub hinzubringen( Moses - Myanmar Foundation).
Ich darf Sie, die wie wir alle Burma lieben und sehr viel an Emotionen, positiven Erlebnissen und Eindrücke mit nach Hause genommen haben, jetzt bitten, etwas dem Land zurück zu geben und der Bevölkerung zu helfen, die sowieso zu den ärmsten in der Welt gehören. Bitte helfen und spenden Sie. Mit unserem Kurzzeitsoforthilfeprojekt werden wir ab sofort beginnen und die langfristige Sekundärhilfe im Herbst starten.
Ich darf im Vorfeld für Ihre Unterstützung und Interesse bedanken.
Spendenkonto:
Postbank München
BLZ 700 100 80
Konto 10 666 800
Stichwort Zyklon
Dr. med. Heinrich Schoeneich
Dr. med. Angelika Wagner
Gerald und Kalayr Schreiber