SRS – das plötzliche Ekel-Syndrom
Woraus ich hinaus möchte, ist ein Phänomen, das sich „Sudden Repulsion Syndrome“(SRS) nennt, „Plötzliches Ekel-Syndrom“. Aus dem Nichts fällt Betroffenen etwas an ihrem Menschen auf, das sie abstößt. Dabei handelt es sich nicht unbedingt um Grundlegendes wie unterschiedliche Ansichten über Leben, Liebe oder Politik, die Frage, ob Dortmund oder Schalke, sexuelle Unvereinbarkeiten oder darum, ob der eine die Zahnpastatube zudreht und der andere nicht.
In vielen Fällen sind es Kleinigkeiten, die SRS auslösen. Einige weitere Beispiele aus meiner Datinghistorie: Die Angewohnheit eines Ex-Freundes, meinen Rücken zu tätscheln. Die falschen Schuhe. Ein leicht fettiger Scheitel. Eine randlose Brille. Die Art, „Hallo“ zu sagen. Eine (mir zu) innige Umarmung mit Mama. Die Angewohnheit, beim Sex „Melk ihn ab“ zu keuchen (wäääh). Das Geräusch beim Spaghetti-Essen. Ein Blick. (Auch interessant: Expertin: Diese Geheimnisse sollte man sich in einer Beziehung bewahren)
Nichts, was eine gesunde Beziehung oder eine ausgeprägte körperliche Anziehung ins Wanken bringen sollte. Doch hatte ich das Gefühl des Abscheus meinem Partner gegenüber einmal verspürt, war es vorbei. Der Ekel wollte nicht mehr vergehen und breitete sich in der Folge aus, verschlang alles Gute, das ich bis dahin empfunden hatte. Schluss mit lustig, aus die Maus, die Tage meiner Zuneigung waren gezählt. Das Schlimme: Es traf mich sowohl in Affären als auch in Langzeit-Beziehungen. Mal trat das Phänomen nach einer Woche auf, einmal nach vier Jahren, manchmal gar nicht.
Woher kommt der plötzliche Ekel?
Woher aber rührt das Sudden Repulsion Syndrome? Da es bislang keine wissenschaftlichen Studien dazu gibt, bleibt außer Mutmaßungen nicht viel. Die von mir verehrte US-Sex-Bloggerin Karley Sciortino hat in einer ihrer Kolumnen die, wie ich finde, interessanteste Theorie wiedergegeben. Sie schreibt, dass die Phase erster Verliebtheit mit einer Absenkung des Serotoninspiegels einherginge, die wiederum charakteristisch für Zwangsstörungen sei. Im Grunde sei dieser eigentlich so romantische Zustand also mit dem einer Zwangsstörung zu vergleichen. Menschen, die an Letzterem erkrankt seien, empfänden schneller Ekel als andere. Frisch Verliebte nach Sciortinos Erläuterung ebenso. Sprich: Wir neigen dazu, unseren Crush in der ersten Zeit auf ein meterhohes Podest zu verfrachten, um ihn dort gebührend zu verehren. Doch sind Podeste nicht für einen dauerhaften Aufenthalt konzipiert, und so genügt meist ein kleiner Schritt, um von dort in die Tiefe zu knallen. (Lesen Sie auch: Steht die Trennung kurz bevor? Das sagt die Schlafposition von Paaren über ihre Beziehung aus)