2019: Dominikanische Republik

#1 von carlos , 12.02.2021 22:49

2019: Dominikanische Republik

Von: Sarah Hinkel und Friederike Amelie Degner (Universität Jena)
Organisation: DIANO e.V.
Zeitraum: 23.02.19 - 26.03.20

Am 24.02.2019 ging es nach langer Planung endlich los. Am frühen Morgen wurden wir zu Hause in Jena vom Zahntechniker Ralf Thum abgeholt. Da wir glücklicher Weise durch viele Dentalfirmen mit Sachspenden unterstützt wurden, mussten diese natürlich erst einmal alle in Koffer verpackt und ins Auto gehievt werden. Zwar machten unsere Sachspenden nur drei Koffer aus, allerdings hatten es diese in sich. Allein 7500 Einmalhandschuhe und 2000 Mundschutze galt es zu transportieren, ganz zu schweigen von etlichen Füllungsmaterialen, Bohrern, Lokalanästhetika und Speichelsaugern usw. Bei der Gelegenheit möchten wir beide uns bei den Firmen: Dental 2000, NiTi, Septodont, 7Days, Acurata, Dürr Dental, Orbis Dental, Voco, Adebo Medical, Omnident, Dmg-Dental bedanken für die wirklich großartige Unterstützung durch Sachspenden. Jedes Material und Instrument hat den Weg zum Patienten gefunden, zum Teil auch noch für die zukünftig behandelnden Famulanten.

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Am Frankfurter Flughafen angekommen trafen wir auf Tobias Bauer, den Organisator von DIANO e.V. und Zahnarzt, und seine Frau Petra. Insgesamt hieß es eine halbe Tonne Sachspenden, verpackt in 40 Koffern, einzuchecken und in die Karibik zu bringen.

Nach einem recht angenehmen Flug landeten wir spät abends in Punta Cana, einer der Touristenhochburgen der Dominikanischen Republik. 500 kg Gepäck durch den Zoll zu bekommen, stellte sich als sehr zeitaufwändiges Unterfangen heraus. Jeder Koffer musste geöffnet und kontrolliert werden. Aber bereits am Flughafen zeigte sich, dass die karibische Mentalität eine andere als die deutsche ist, als der Zollbeamte eine Taucherbrille aufsetzte und ausprobierte, die natürlich für ein dominikanisches Kind gedacht war. Ziemlich erschöpft kamen wir nachts um drei Uhr in unserer Unterkunft an, fielen sofort ins Bett und schliefen.

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Am Folgetag wurde zunächst das gesamte Gepäck ausgeräumt und geordnet- ein Procedere, das ziemlich zeitaufwendig und bei Temperaturen über 30 Grad auch ziemlich Schweißtreibend ist. Neben unzähligen zahnmedizinischen Gegenständen, darunter ein gepolsterter, portabler, komplett Technikfreier Klapp-Zahnarztstuhl, wurden vor allem Kleidung und ausgediente Schuhe gespendet. Es war faszinierend zu sehen, dass so viele Menschen daran interessiert sind zu spenden und dass diese Spenden auch wirklich bei Bedürftigen ankommen.

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Im Anschluss an das Sortieren fuhren wir erstmals zu unserem ersten, späteren Einsatzort, zum Batey Platanito, einem kleinen Dorf nahe der Stadt San Pedro de Macoris im Süden des Landes. Der Ort trägt den Namen aufgrund der umliegenden Bananenplantage- "platano" bedeutet Banane. Als wir dort ankamen, fielen mir als erstes die heruntergekommen, dunklen Gebäude auf, kleine Hütten mit nur einem Raum. Es gibt keine Fenster, die Zimmer sind heiß und muffig, die Toiletten befinden sich außerhalb in einem Plumps-Klo aus Wellblech. Wasser, ziemlich verschmutztes, muss aus einem Rohr am Eingang des Dorfes geholt werden, das ist u.a. die Aufgabe der Kinder, die meist barfuß über den Schotterboden laufen. Der Strom fällt täglich von 11-13.30 Uhr aus.

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Schnell wurde klar, dass diese Menschen ein komplett anderes, einfacheres Leben führen als wir, der Alltag beschwerlicher ist, das Geld immer knapp. Besonders eindrücklich war eine Szene, in der eine Mutter ihren kleinen Sohn in einem großen Wassereimer gewaschen hat. Hier gibt es keine Dusche oder Badewanne, bei der man nur den Wasserhahn öffnen muss und das Wasser sprudelt nur so heraus. Jeder Liter Wasser muss vom Dorfeingang geholt werden. So ist auch das Waschen der Kleidung eine zeit- und kraftintensive Aufgabe. Dieses Gesamtbild hat sofort an Fotos aus afrikanischen Ländern erinnert, die man allzu häufig in der Werbung von Hilfsorganisationen sieht.

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Als wir ausstiegen, kam ein Pulk von Kindern verschiedenen Alters freudestrahlend auf uns zu gerannt. Alle wollten uns kennenlernen, mit uns spielen. Die Lebensfreude der Kleinen tat richtig gut nach den neuen Eindrücken, die auf uns wirkten. Etwas zögerlicher kamen auch vereinzelt ein paar Erwachsene aus ihren Häusern, um ihre Neugierde etwas zu stillen. Keiner von ihnen hat jemals die Insel verlassen, ein anderes Land besucht oder Kontakt zu Menschen aus dem Ausland.

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Zusammen mit Tobias, Petra und Ralf waren Eneuris, Linett und Miguel mit uns ins Batey gefahren. Die drei engagieren sich ehrenamtlich neben dem Studium und Arbeit in der "Fundacion Pinta Solidaridad", einer lokalen Hilfsorganisation. Sie wurden während unseres gesamten Aufenthaltes im Land immer mehr zu wirklich treuen Begleitern und so etwas wie Freunden.

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Gemeinsam schauten wir uns unseren zukünftigen Behandlungsort für die nächsten Wochen an, eine kleine Kirche inmitten des Bateys. Am darauffolgenden Tag räumten wir, Sarah und Amelie, alle Stühle zusammen, bauten auf und räumten diverse zahnmedizinischen Materialen aus und sortierten sie. Anschließend wurde die portable Einheit samt Stromgenerator vorbeigebracht. Leider mussten wir feststellen, dass diese nicht funktionierte. Ein tagelanges Austesten, Reparieren, Aufsuchen von Mechanikern und Kaufen von Adaptern, Winkelstücken und Co begann. Da wir zunächst nicht die Möglichkeit hatten Karies zu exkavieren und Füllungen zu legen, übten wir uns im Zähne ziehen. Im Frontzahnbereich stellte sich das als recht leichte Sache heraus, aber mehrwurzlige Zähne brachten uns zum Teil sehr ins Schwitzen. Zum einen da wir auf uns allein gestellt waren ohne Zahnarzt, nicht über allzu viel Erfahrung beim Extrahieren verfügten und nicht die Möglichkeit hatten eine Osteotomie zu machen. Als problematisch stellte sich ebenfalls die Beschaffung von Schmerzmitteln heraus, da angeblich alle Apotheken am selben Tag Inventur machten. Trotz alledem war es eine viel bringende Erfahrung. Mittlerweile fühlen wir uns sehr sicher beim Anästhesieren und es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass man ohne Hilfe Zähne extrahieren kann- vor allem auch ohne die passenden Hebel und Zangen. Da unsere Einheit ja zunächst nicht funktionierte und damit auch nicht einsatzfähig war, fingen wir auch ziemlich schnell damit an Zahnreinigungen durchzuführen. Natürlich hatten wir nur einen Zahnarztstuhl, aber schnell wurde umdisponiert und Plastikstühle nach draußen ins Freie gestellt, wo die Sonne ganz gut das Lampenlicht ersetzte, und dort mit Scalern dem Zahnstein der Kampf angesagt. Am Ende konnten wir jedem sogar noch etwas Fluoridlack applizieren, wobei jeder zwischen diversen Geschmacksrichtungen wählen durfte.

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Mit der Zeit wurden unsere Gerätschaften immer "intakter" und wir konnten unsere ersten Füllungen legen. Für die erste Füllung (Frontzahn), die wir machten, nutzten wir noch ein Zahntechnikerhandstück um die Kavität zu präparieren. Der Patient freute sich riesig nicht mehr mit frakturiertem Schneidezahn durch die Gegend laufen zu müssen.

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Irgendwann hieß es dann leider sich zu verabschieden. Dafür versammelten sich plötzlich alle Kinder des Bateys und diverse erwachsene Bewohner, mit denen wir besonders viel zu tun gehabt hatten, auf dem Platz und verabschiedeten sich unter Tränen von uns. Das war schon ein echt berührendes Erlebnis, da man spüren konnte wie schnell die Bewohner uns und wir sie ins Herz geschlossen hatten. Ein paar hielten noch eine kurze Rede, in der sie sich bei uns bedankten. Glücklich, aber natürlich auch etwas traurig verließen wir das Batey, fuhren zurück nach San Pedro de Macoris und machten uns ein paar Tage später auf nach Sosua, wo ein weiteres Projekt auf uns wartete.

In Sosua gibt es den so genannten Monkey Jungle, ein ziemlich großes Affengehege, wo Besucher für relativ viel Geld kleine Äffchen füttern können, während diese freudig über die Köpfe und Arme hinweg hüpfen. Neben den Affen ist dieser Ort auch noch für eine wirklich schöne Zipline bekannt. Was die wenigsten meist US-amerikanischen und europäischen Touristen wissen, bevor sie diesen Ort betreten, ist, dass ein gewissen Teil der Einnahmen direkt in medizinische Hilfe umgesetzt wird. So befindet sich auf dem Gelände ebenfalls eine Zahnstation mit vier Behandlungseinheiten, eine allgemeinmedizinische Station, sowie eine kleine Apotheke. Sinn des Ganzen ist es, den Einheimischen eine medizinische Versorgung zu ermöglichen, da diese sonst sehr kostspielig ist. Jeden Samstag fahren also zwei junge, dominikanische Zahnärztinnen berghoch mitten ins Grün zum Monkey Jungle, um die lokale Bevölkerung kostenlos zu versorgen. Da teilweise ein richtiger Ansturm besteht, wurde die Regelung getroffen, dass jeder Patient nur an einer "Stelle", und zwar der dringlichsten, behandelt wird. Tatsächlich funktioniert alles ziemlich am Schnürchen. Einige der jungen Männer, die sonst als Zipline- Guides arbeiten, halfen tatkräftig mit und wussten echt ziemlich gut Bescheid. Es war schön mal wieder an einer richtigen Einheit behandeln zu können, auch wenn diese natürlich steinalt war. Die Station war ziemlich gut ausgestattet und wir hatten echt ziemlich Freude dort zu arbeiten, zumal auch jeder für sich behandeln konnte, da es genug Behandlungsstühle gab. Als der letzte Patient versorgt worden war, hatten wir dann auch Freizeit, durften Affen füttern gehen und Zipline fahren. Am Tag zuvor waren wir mit Linda, der Besitzerin des Monkey Jungles, in einem benachbarten Dorf unterwegs und besuchten die dortige Schule. Wir brachten für jedes Kind Zahncreme, -bürste und -seide mit, erklärten ihnen wie man sich am besten die Zähne putzen solle, testeten das dann mit ihnen aus und schauten vorher noch in ihren Mund, um einen schnellen Befund zu erheben. Es war ziemlich erstaunlich wie großartig die Kinder zuhörten, mitmachten, Interesse zeigten. In diesem Ausmaß hatten wir das nicht erwartet. Als spannend stellte sich auch die Kommunikation dar, da Linda lediglich Englisch spricht, die Kinder einschließlich Lehrerin aber nur Spanisch. Es begann ein wildes Übersetzen.

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Kinder, deren Zähne uns besonders negativ aufgefallen waren, ließen wir von der Lehrerin vermerken und einen Brief an die Eltern schreiben, mit der Bitte an den kommenden Samstagen die Zahnstation des Monkey Jungles aufzusuchen.

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Insgesamt lässt sich sagen, dass wir wirklich eine wunderbare Zeit in der Dominikanischen Republik hatten. Wir hatten die Möglichkeit das Land und seine Menschen fernab von Hotelketten und Bilderbuch-Traumstränden kennenzulernen, unseren zahnmedizinischen Horizont in praktischer Sicht deutlich zu erweitern und gleichzeitig auch die Wärme und die Sonne nebenbei immer wieder zu genießen.

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RE: 2019: Dominikanische Republik

#2 von carlos , 12.02.2021 22:50

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