(Elena Bardich, Vera Engel, Katharina Bernhardt, Carolin Becherer)
Schon immer hatten wir den Wunsch während unseres Zahnmedizinstudiums eine
Famulatur im Ausland zu machen. Durch die Internetpräsenz des DAAD in Zusammenarbeit mit dem ZAD sind wir auf den gemeinnützigen Verein Jino, mit Sitz in Münster aufmerksam geworden. Nach einer schriftlichen Bewerbung und einer Teilnahme an einem Afrika Workshop nahm das Abenteuer seinen Lauf. Etliche Treffen in Münster
sollten uns bestens auf den Aufenthalt in Tansania vorbereiten.
Ende Juli 2015 ging es dann auch endlich los. Wir starteten unsere Reise ab Frankfurt über Doha nach Dar Es Salaam. Mit im Gepäck war jede Menge Vorfreude, ein wenig Aufregung und viele gesammelte Spenden. Nach einer im Flugzeug verbrachten Nacht mit wenig Schlaf kamen wir glücklich, aber erschöpft in der Hauptstadt an. Nach kurzem Ausfüllen der Formulare und bezahlten 50 Dollar für das Visum, wurden wir herzlich von zwei
Schwestern empfangen.
Unsere erste Station für die wir eingeteilt wurden, war das Health Care Center in Kitunda
einem Vorort von Dar Es Salaam. Dank der Hilfe von Jino eV. konnten die Schwestern ein
kleines Haus bauen, in dem alle Famulanten gut unterkommen können. In der Zahnstation
des Health Centers sind alle Patienten stets willkommen und durch den guten Ruf und zum
Teil auch mangelnder Alternativen nehmen die Menschen auch stundenlange Wege in Kauf.
Betreut wird das Ganze von einer Schwester, die eine Dental Assistant Ausbildung genießen
durfte und ihrer Helferin Rosie. Gleich am ersten Tag wurden wir in die zahnmedizinischen
Behandlungsabläufe voll mit einbezogen. Schon bald konnten wir selbstständig
anästhesieren und Zähne extrahieren. Ab und zu konnten sich Patienten auch eine
Kompositfüllung leisten.
Ein Highlight während der Zeit in Kitunda stellte für uns ein Prophylaxe Programm an einer
englisch unterrichteten Schule dar. Mit vielen Zahnbürsten, einem Modell und einem Poster
konnten wir in kürzester Zeit das Interesse der Kinder gewinnen.
Unsere zweite Station für die wir eingeteilt waren lag im wunderschönen südlichen
Hochland. Eine rasante und spannende Busfahrt führte uns durch den Mikumi Nationalpark
bis nach Njombe. In Njombe konnten wir im Nazareth Catholic Youth Center recht
komfortabel und preiswert untergebracht werden. Diese Zahnstation besitzt drei
Behandlungseinheiten an denen konservierende und chirurgische Behandlungsmaßnahmen
durchgeführt werden. Der Dental Assistand Ibrahim extrahiert fleißig Zähne und Schwester
Calmelita macht hier und da eine Füllung. Wir gingen ihnen tatkräftig zur Hand und auch
hier war das selbstständige Arbeiten nach kurzer Zeit kein Problem. In Njombe herrscht ein
großer Patientenandrang, von denen viele prothetisch versorgt werden möchten. Im Labor
werden kleinere und größere Zahnprothesen hergestellt. Aufgrund von häufigen
Stromausfällen wird über die Anschaffung eines Generators nachgedacht.
Station Nummer drei lag im idyllisch gelegenen Bergdorf Imiliwaha. Imiliwaha liegt auf ca.
2000m über dem Meeresspiegel, weshalb es hier abends und morgens recht bitter kalt
werden kann. In Imiliwaha steht ein großes Konvent mit 150 Schwestern. Organisiert ist das
Ganze wie eine große Farm. Jeder hat seine Aufgaben und alles was gebraucht wird, wird
selbstständig hergestellt. Alle Lebensmittel kommen aus dem hauseigenen Garten und den
umliegenden Plantagen. Auch Tiere wie Kühe, Schweine, Ziegen und Hühner werden
gehalten. Zu den sozialen Projekten des Konvents gehören sämtliche Mädchenschulen, ein
Kinderheim und ein medizinisches Zentrum, indem unsere Zahnstation untergebracht war.
An dieser Station arbeitet die gut ausgebildete Schwester Evodia mit ihrem Helfer Gustav.
Da Imiliwaha ziemlich abseits liegt kommen hier nur ca. 5-10 Patienten am Tag. Füllungen
können leider nur nachmittags in einem kurzen Zeitfenster gelegt werden, da der Vormittag
von Stromausfällen beherrscht wird. Außer den zahnmedizinischen Tätigkeiten bot sich uns
die Möglichkeit das Kinderheim zu besuchen. Wir spielten mit ihnen, halfen beim Füttern
und schenkten Ihnen so viel Aufmerksamkeit wie nur möglich war. Nicht nur wir, sondern
auch die Kinder erlebten einen ganz besonderen Tag.
Die letzte Station stellt das St. Joseph's Mission Hospital in Peramiho dar. Wir wurden in
einem Guesthouse in der Nähe des Klinikums untergebracht und gut verpflegt. Im Vergleich
zu den anderen Stationen handelt es sich hierbei um eine Zahnstation die sich in einem der
größten Krankenhäuser des Südens befindet. In dieser Station arbeiten zwei studierte
Zahnärzte und ein Dental Assistant. Im Vergleich zu den anderen Stationen werden hier
auch sehr viele Füllungen und sogar Wurzelkanalbehandlungen gemacht. Auch die Prothetik
kommt hier im Gegensatz zu den anderen Stationen nicht zu kurz. Es werden gerne
Zahnkronen und Brücken von den zwei Zahntechnikerinnen angefertigt. Routiniert werden
Alginatabformungen genommen und sofort mit Gips ausgegossen. Die beiden
Zahntechnikerinnen wurden von Dr. Pickers, der den JINO Verein gegründet hat persönlich
ausgebildet. Die Station ist sehr gut ausgestattet und verfügt sogar über ein Röntgengerät.
Neben vielen konservierenden Behandlungen konnten wir auch einen Einblick in die
Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie bekommen. Es werden Frakturen geschient, Karzinome
diagnostiziert und Abszesse gespalten. Patienten werden bei schwerwiegenden Fällen
stationär aufgenommen und überwacht. Auch das Einhalten der Hygiene spielt hier eine viel
größere Rolle als an den anderen Stationen. Für jede chirurgische Maßnahme werden hier
sogar sterile OP Handschuhe verwendet.
Neben dem Arbeiten hatten wir natürlich auch die Möglichkeit einige Teile des Landes zu
erkunden.
Wir besuchten mehrere Nationalparks, dazu gehörte der Ruahapark, der Tarangirepark, der
Ngorogorokrater und natürlich der Serengetipark. Bereits in Deutschland holten wir uns
Angebote für Safaritouren ein, entschieden uns aber am Ende für das Unternehmen
Merutreks, um die nördlichen Parks zu erkunden. Früh am morgen startete unsere Tour im
Jeep von Arusha aus. Begleitet wurden wir von einem erfahrenem Guide, der uns unterwegs
viel über das Land, die Leute und deren Kultur erzählen konnte. Angekommen im Park
waren wir fasziniert von der großen Artenvielfalt der einzigartigen Tiere. Antilopen, Herden
an Gnus, Zebras, Giraffen, Elefanten, Büffeln und ganz viele andere Tiere begegneten uns.
Einen landschaftlichen Höhepunkt stellte der Ngorogorokrater dar. Hier bot sich uns eine
einzigartige Landschaft, die in Worte zu fassen schwer fällt. Wir übernachteten in einem
Camp mit einem wunderschönen ausblich auf den Krater.
Gleich darauf ging es für zwei Tage in den Serengetipark. Hier blickten wir in unendliche
Weiten und hatten das Glück sehr vielen Raubkatzen zu begegnen. Dazu zählen Löwen,
Geparden und Leoparden, denen wir auch des Öfteren beim Jagen zuschauen konnten.
Der Ruahapark ist im Vergleich zu den nördlich gelegenen Parks landschaftlich weniger
atemberaubend, dafür besteht allerdings hier die Möglichkeit die Tiere besonders nah zu
sehen.
In jedem Fall können wir allen Afrikareisenden zu einer Safaritour raten, da das ein
unvergessliches Erlebnis ist.
Als Abwechslung zu den Nationalparks besuchten wir natürlich auch die Insel Sansibar.
Problemlos kann man von Dar Es Salaam mit der Fähre mehrmals täglich für 35 Dollar nach
Stone Town rüber fahren. Von hier aus gehen Daladalas in jede gewünschte Richtung der
Insel. Ein Wechselspiel von Ebbe und Flut, weißen Sandstränden und türkisen Wasser
bilden eine unbeschreibliche Atmosphäre. Wir haben die Strände sowohl im Osten, als auch
im Westen der Insel erkundet. Auch Stone Town mit den vielen engen Gassen, seiner
Kaffeekultur, den vielen Händlern und abends den aufblühenden Foodmarkets hat uns stark
beeindruckt. Neben den Stränden auf Sansibar, waren wir auch am South Beach, dem Strand
von Dar Es Salaam. Auch hier fährt man mit der Fähre rüber, allerdings nur fünf Minuten.
Kaum ist man angekommen, hat man bereits vergessen, dass man sich in der Hauptstadt
befindet.
Während unseres Aufenthaltes wurden wir vor einige kulturelle Herausforderungen gestellt.
Im Vergleich zum deutschen Alltag begegnete uns viel Armut und ein nicht vorhandenes
Gesundheitssystem. Lediglich die Menschen, die beim Staat angestellt sind haben die
Möglichkeit sich relativ günstig versichern zu lassen und damit eine einigermaßen gute
medizinische Versorgung zu erhalten. Durch die hohe Arbeitslosigkeit ist vielen Menschen
im Land nicht möglich das medizinische Angebot war zu nehmen. Oft wird eher den „ viel
versprechenden „ Heilern zuerst vertraut, bevor man sich in eine Klinik wagt. Leider haben
wir auch oft erleben müssen, dass aus finanziellen Gründen ein Zahn gezogen wurde anstatt
ihn mit einer Füllung zu versorgen. Auch ist die zahnmedizinische Prophylaxe ein Problem,
aufgrund der mangelnden Aufklärung, die bereits bei den Eltern anfangen sollte. Oft müssen
die Patienten stundenlange Märsche in Kauf nehmen um an medizinische Versorgung zu
gelangen. Jede Schwester und jeder Arzt den wir kennengelernt haben, haben sich allerdings
die größte Mühe gegeben jeden so gut es eben geht zu behandeln.
Um von a nach b zu gelangen waren wir immer auf Busse angewiesen. In Tansania ist jede
Strecke ob 200 oder 700km einer Tagesreise gleich. Bei diesen Fahrten sind wir immer auf
nette Menschen gestoßen, haben Straßen überquert die in Deutschland undenkbar wären und
wundervolle Landschaften betrachtet.
Die Menschen in Tansania sind alle tiefgläubig verwurzelt und gehören meistens entweder
der katholischen Kirche an oder sind Muslime. Sehr schön fanden wir es zu sehen, dass in
Tansania keinerlei religiöse Konflikte herrschen. Alle sind in der Lage nebeneinander zu
leben. Quasi immer findet man selbst im kleinsten Ort sowohl Kirche als auch Moschee nur
einige Meter voneinander entfernt.
Im Großen und Ganzen fanden wir unsere Famulatur eine ausgezeichnete Möglichkeit
Land, Leute und das tansanische Gesundheitssystem kennen zu lernen. Dieses Land ist uns
mit seinen vielfältigen Menschen sehr ans Herz gewachsen und wir hoffen einigen davon
geholfen zu haben. Wir hoffen sehr dort eines Tages wieder hinfahren zu können und neue
Erfahrungen machen zu können.