Fachmann in Sachen Implantate
Drei Wochen lang war der pensionierte Metzinger Zahnarzt Dr. Heinz Kleineikenscheidt als Fachmann und Ratgeber in China – für den halbstaatlichen »Senior Expert Service« des deutschen Entwicklungshilfe-Ministeriums. Er hatte sich in der Fachwelt schon gleich nach seinem Studium einen Namen bei Zahn-Implantaten gemacht. Jetzt berichtet der Zahnmediziner über seine Erfahrungen – und macht auch sehr gern ein bisschen Werbung für solchen Wissens-Transfer.
Für sein Gartenhaus hat der Metzinger Zahnarzt Heinz Kleineikenscheidt eins der Plakate mitgebracht, die seine chinesischen Gastgeber ihm zu Ehren auf jedem Stockwerk der Zahnklinik aufgehängt hatten. FOTO: BERNKLAU
Für sein Gartenhaus hat der Metzinger Zahnarzt Heinz Kleineikenscheidt eins der Plakate mitgebracht, die seine chinesischen Gastgeber ihm zu Ehren auf jedem Stockwerk der Zahnklinik aufgehängt hatten. FOTO: BERNKLAU
»Der nahen Alpen wegen«, erzählt er, war der passionierte Bergfreund einst aus Essen zum Studium nach Tübingen gekommen. Dort holte ihn in den Siebzigern Professor Willi Schulte in sein Team, der Pionier war für das noch heute sogenannte »Tübinger Sofortimplantat«, einen Ersatz, der direkt nach dem Ziehen des alten, kranken oder toten Zahns in den Kiefer geschraubt oder gehämmert wird.
»Manchmal schlief ich auf den Philippinen im Schlamm«
Aber auch als langjähriger niedergelassener Zahnarzt in Metzingen blieb ihm der weite Blick eines Alpinisten erhalten. »Für die Ärmsten der Armen«, so die Leitidee der »German Doctors«, opferte Heinz Kleineikenscheidt ganze Jahresurlaube und ging als Freiwilliger seit 1990 schon dreimal auf die philippinische Bürgerkriegs-Insel Mindanao, um im Dschungel unentgeltlich zahnmedizinische Hilfe zu leisten. Dort schlief er »oft auf der Luftmatratze im Zelt, mit Moskitonetz, manchmal im Schlamm«.
Zwar bekam er auch jetzt, als »Senior Expert«, kein Honorar oder Entgelt für seine Reise in die urchinesische Provinz Henan. Aber diesmal boten ihm die Gastgeber nicht nur ihre besten Hotels mit allem Komfort, einen ständigen Dolmetscher, dazu »viele Zeichen der fachlichen Wertschätzung«, sondern auch eine »überwältigende Gastfreundschaft«. Allein für die Abschiedsgeschenke reichte ein zusätzlicher Großkoffer kaum.
Im vergangenen Sommer hatte Heinz Kleineikenscheidt von einem Bergfreund den Tipp bekommen und sich beworben. Und die chinesische Partner-Organisation des »Senior Expert Service« sprang sofort an auf den Zahnmediziner im Ruhestand. Denn nicht nur die effizienz-orientierten chinesischen Zahnmediziner suchen ihre Wunsch-Berater zielsicher nach wissenschaftlicher Reputation aus – und stamme sie auch aus länger zurückliegenden Zeiten, glaubt Kleineikenscheidt.
In seinem Studium und erst recht als Zahnarzt, der in Metzingen von 1977 an seine Praxis hatte, pflegte er eine umfassende Zahnheilkunde, die großen Wert auf Pflege und Erhalt jedes einzelnen Zahns und auch des Zahnfleischs legte. Das »Tübinger Sofortimplantat«, an dessen Entwicklung er einst maßgeblich beteiligt war, kommt aber einer in China offenbar üblicheren Ex-und-Hopp-Mentalität entgegen, die »auch da schnelle Ergebnisse will«, hat der Zahnmediziner erfahren.
»In China kennen Metzingen fast alle«
Die Anfrage kam von einem früheren Militärarzt, der sich nach einjähriger Zusatzausbildung mit inzwischen drei ambulanten Zahnkliniken, »Just Implant Hospitals«, auf privater Basis selbstständig gemacht hatte. Von seinen Mitarbeitern ehrfürchtig als »Master« bezeichnet, führt dieser Dr. Liu alle Operationen selber durch, wenn er in Jiaozuo, Shanghai oder Qinyang anwesend ist. Allein in Joaozuo beschäftigt Dr. Liu neben zwei versierten Kollegen für die Operationen und zwölf weiteren Zahnärztinnen und Zahnärzten fast vierzig weitere Mitarbeiter und betreibt zudem zahntechnische Labors.
Für regelmäßige Schulungen seines Personals hat er in der Klinik Jiaozou einen Fortbildungssaal für 80 Hörer eingerichtet, in den Operationen direkt auf die große Videowand übertragen werden.
Neun Fachvorträge hatte Heinz Kleineikenscheidt vorbereitet, sich auch bei Kliniken, Praxen – darunter seiner seit 2011 von Nachfolgern geführten eigenen in Metzingen – und bei medizintechnischen Fachfirmen kundig gemacht, bevor er im März den Flieger nach China bestieg. »Sehr stressig« sei die Reise gewesen, bilanziert er, obwohl er selber fast nicht behandeln musste, sondern nur die Techniken demonstrierte, unter anderem an einem Schweinefuß. Aber nicht nur die Herzlichkeit seiner Gastgeber auf allen Ebenen, hat ihm »das China-Bild verändert«.
Für den kommenden August hat der viel beschäftigte Klinikchef Dr. Liu seinen Gegenbesuch in Deutschland angekündigt. »Metzingen kannte er natürlich auch«, sagt Heinz Kleineikenscheidt mit einem spürbarem Hauch Lokalstolz, »das kennen dort fast alle«. (GEA)
Vortrag in der Metzinger Medienakademie
Der Metzinger Zahnarzt Dr. Heinz Kleineikenscheidt berichtet am Mittwoch, 18. Mai, um 19.30 Uhr in der Medienakademie gegenüber dem Metzinger Postgebäude über seinen dreiwöchigen Einsatz im »Jiaozuo Just Implant Hospital« in der zentralchinesischen Provinz Henan. Der »Senior Expert Service« in Bonn sendet in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Experten in viele Länder der Welt, um deutsche Techniken und Produkte bekannt zu machen. Der Zahnmediziner stellte dem Klinikpersonal und 80 Zahnärzten, die aus ganz China angereist waren, verschiedene Implantationstechniken und neueste Röntgengeräte vor. (mab)