Von wegen Ruhestand: Zahnarzt Dr. Klaus Prinz (70) war auch heuer wieder in Nepal, um in diesem armen Land von Zahnschmerzen geplagten Menschen zu helfen. Mit von der nunmehr dritten humanitären Partie: Allgemeinarzt Dr. Eckstein aus Dischingen, ein Anästhesist und ein Chirurg.
Vermittelt wurde der dreiwöchige Einsatz von der Organisation German Rotary Volunteer Doctors. Einsatzort war wieder das Krankenhaus in Manthali im Bezirk Ramechap, etwa 80 Kilometer östlich der Hauptstadt Kathmandu. Die Aufgabe von Dr. Prinz bestand dort in der Behandlung von schwierigeren Fällen und in der Weiterbildung der Dental Assistents. Die meisten seiner Patienten aus dem Umkreis nahmen für den Weg zu ihm Tagesmärsche oder lange Busfahrten in Kauf. Hier sein Bericht:
Das durchschnittliche Einkommen liegt bei 18 US-Dollar. Geographisch liegt das Land auf dem Breitengrad wie Nordägypten. Es liegt zu Füssen der Gebirgskette des Himalayas und erstreckt sich in ost-westlicher Richtung über 800 km, von Norden nach Süden über 200 km. Der Süden liegt auf 60 m Meereshöhe, das Mittelland geht bis auf 3000 m, acht Berge im Norden gehen über 8000 m, der bekannteste darunter ist der Mount Everest. Durch diese Lage gibt es in Nepal alle Klima- und Vegetationszonen.
Im Süden tropisches Klima, im Mittelland ist es gemäßigt und eisig in der Hochgebirgsregion. Nepal ist flächenmäßig halb so groß wie die Bundesrepublik bei 30 Mill. Einwohnern. Diese setzen sich zusammen aus über hundert Ethnien mit ebenso viel Sprachen und Dialekten, 80% sind Hindus, etwa 10% Buddhisten. Nur 1.5% der Staatsausgaben wird für die medizinische Versorgung aufgewendet. 25 Tsd. Menschen kommen auf einen Arzt (BRD 335), die Säuglingssterblichkeit liegt bei 6%, Erkrankungen in Folge von Mangelernährung und schlechten hygienischen Verhältnissen sind hoch.
Dennoch ist die mittlere Lebenserwartung in den letzten zwanzig Jahren von 40 auf 62 Jahre gestiegen. Vermittelt wurde mir der Einsatz von GRVD (German Rotary Volunteer Doctors), eine humanitäre Organisation, die von Rotary Deutschland getragen wird. GRVD entsendet Ärzte/-innen und medizinische Fachkräfte hauptsächlich nach Ghana und Nepal, damit sie in medizinisch unterversorgten Gebieten helfen können. GRVD steht auch Nicht-Rotariern offen. Zusammen mit mir flogen der Allgemeinarzt Dr. Eckstein aus Dischingen, ein Anästhesist und ein Chirurg für 3 Wochen im November. Unser Einsatzort war, wie für mich schon vor zwei Jahren, Manthali im Bezirk Ramechap, etwa 80 km östlich von Kathmandu.
Durch eine neue Straße hat sich die Wegstrecke fast halbiert, so daß wir nach 5 Stunden Fahrt am Einsatzort waren. Lediglich die noch nicht fertiggestellten Straßenabschnitte waren abenteuerlich steil und nah am Abhang auf sandig- steiniger Piste, was ein Geländefahrzeug erforderlich machte. In Manthali wurden wir herzlich im Tamakoshi Co-operative Hospital empfangen. Der Ort liegt auf 500 m Meereshöhe, hat etwa 5000 Einwohner und ist Einzugsgebiet für 100 000 Menschen. Die Temperatur betrug mittags um 25°, es war Zeit für die Reisernte.
Das Krankenhaus wurde1986 mit Hilfe von „World Neighbors“ (USA), einer örtlichen Interessen-gemeinschaft (Tamakoshi Sewa Samiti) und der örtlichen Sparkasse gegründet. Aus einer einfachen Gesundheitsstation entwickelte es sich bis 2007 zu einem 15 Betten Krankenhaus. Neben der Bettenstation gibt es Untersuchungs- und Behandlungsräume für ambulante Patienten, eine Entbindungsstation, ein Zahnbehandlungsraum und einen Operationssaal.
Es werden folgende Gesundheitsleistungen angeboten: 24 Stunden Notfallbereitschaft allgemeinärztliche Untersuchung und Behandlung Geburtshilfe Familienplanung Mutter und Kind Gesundheitsfürsorge Abtreibung bis zur 12. Schwangerschaftswoche Zahnbehandlung Augenuntersuchungen Medikamente aus der krankenhauseigenen Apotheke In regelmäßigen Abständen werden sog. Camps durchgeführt, d.h. es kommt aus Kathmandu ein einheimisches Ärzteteam das in wenigen Tagen 50-70 Kataraktoperationen durchführt, ein Gynäkologenteam operiert Uterusvorfälle, die sehr häufig sind, da die Frauen oft mehr als fünf Kinder gebären. Ausländische Chirurgen, wie unser Team, operieren vorwiegend Leistenbrüche, Hämorrhoiden, Zysten, Hautgeschwülste und führen Sterilitätseingriffe durch.
Ein großer Mangel ist, daß nur sporadisch ein Chirurg dem Krankenhaus zur Verfügung steht. So müssen Unfälle mit Knochenbrüchen auf dem sehr holperigen Weg nach Kathmandu verlegt werden. Eine schwangere Frau, bei der ein Kaiserschnitt erforderlich wird, stirbt, wenn sie nicht den Transport nach Kathmandu übersteht. Das Krankenhaus beschäftigt 25 Personen, darunter 2 einheimische Ärzte, 2 Medical Assistents (nichtakademische Ärzte die eine dreijährige Ausbildung haben), 4 Hebammen, einen Augenassistent, 2 Dental Assistent, Krankenschwestern und weitere Hilfskräfte. Der Haushalt des Krankenhauses wird laut Aussage des ärztlichen Leiters Dr. Suman inzwischen durch die Einnahmen gedeckt. Lediglich für Neuanschaffungen oder Erweiterungen ist man auf Spenden angewiesen.
Dies ist auch erklärtes Ziel von GRVD: Hilfe zur Selbsthilfe. Meine Aufgabe als Zahnarzt bestand neben der Behandlung von schwierigeren Fällen in der Weiterbildung der Dental Assistents. Die Mundgesundheit der Bevölkerung im Ort ist recht ordentlich, so wurden auch zahnerhaltende Maßnahmen wie Füllungen erbracht. Die meisten Patienten kamen jedoch aus dem Umkreis mit Tagesmärschen oder langen Busfahrten. Diese Patienten kamen jedoch nur wegen Schmerzen und entsprechend war deren Zustand: abgefaulte Zähne und Abszesse. Untergebracht waren wir im Wohnheim der Genossenschaft, ca.70 m über dem Krankenhaus gelegen.
Dies bedeutete im Lauf des Tages 350 – 400 Höhenmeter Fußmarsch. Die Betten bestanden aus einem harten Holzbrett, die sanitäre Einrichtung mit kalter Dusche war einfach. Anstatt Fensterglas gab es nur Fliegengitter. Die Wäsche mussten wir selber waschen. Zum Frühstück gab es Bohnen und harte Eier, zum Mittag- und Abendessen das Nationalgericht „Dhaal Bhaat“, Reis mit Linsensoße und Gemüse. Es schmeckte zwar, wurde aber bald sehr eintönig. Vor zwei Jahren hatte ich locker 5 kg abgenommen. Diesmal, etwas gewiefter, hatten wir Würste mitgebracht, um das Essen anzureichern. Diese schmeckten auch unseren nepalesischen Mitarbeitern.
Der Aufenthalt war anstrengend und entbehrungsreich. Befriedigend jedoch war, daß ich meine berufliche Erfahrung sinnvoll einbringen konnte. Eine große Bereicherung ist die Begegnung mit der einheimischen Bevölkerung. Trotz harter Lebensbedingungen waren sie stets liebenswürdig und freundlich. Die Umgebung mit den tiefzerklüfteten Tälern und den hoch terrassierten Reisfeldern ist grandios. Dank Firmenspenden konnte ich vielen Kindern mit Kugelschreibern, Luftballons und Zahnbürsten eine große Freude machen. Ihre strahlenden Gesichter sind Dank für manche Beschwernis dieser Reise.