Denkt man an Afrika, sieht man Elefantenherden, faule Löwenfamilien oder Büffelherden. Doch bei dem Reichtum an Tierarten wird oft vergessen, dass die Menschen des Kontinents überwiegend zu den Ärmsten der Erde gehören, meist ohne Zugang zu ärztlicher und zahnärztlicher Behandlung. Hilfe kommt von zwei Zahnärzten und einem Mitarbeiter aus Kiel.
Foto: Volkhard (links) und Moritz König bei der Behandlung einer kleinen Patientin.
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Kiel. Die Kieler Zahnärzte Volkhard König und Dr. Johannes Voß hatten sich mit Zahnarzthelfer Moritz König für „Zahnärzte ohne Grenzen“ in die Nähe der sambianischen Stadt Siavonga aufgemacht. Zwei Wochen lang leisteten sie zahnärztliche Hilfe. Hier ihr Bericht:
Unser Einsatzgebiet in Sambia war der Siavonga-District. Den Mittelpunkt dieses Gebietes stellt das Siavonga District Hospital dar, in dem wir während unseres Aufenthalts auch tätig waren. Abgesehen von diesem zentralen Anlaufpunkt gab es einige Einsätze im sogenannten Outreach, also in so weit abgelegenen Dörfern, dass die Patienten den Fußmarsch bis zum Krankenhaus nicht auf sich nehmen können.
Ein typischer Arbeitstag für Zahnärzte ohne Grenzen in Sambia sieht folgendermaßen aus: Der Tag beginnt mit der Fahrt zum jeweiligen Einsatzort. Dieser Weg ist meist übersät mit Schlaglöchern, und man wird ordentlich durchgeschüttelt. Am Zielort wird zunächst der örtliche Behandlungsraum inspiziert und ein Plan erstellt, wie man den Raum mit den mitgebrachten Materialien ausstatten kann, um einen bestmöglichen Arbeitsablauf zu gewährleisten. Ist der Raum eingerichtet, beginnen die Behandlungen. Sollte man die Illusion haben, überwiegend zahnärztliche Hilfe in Form von Füllungen oder sogar Wurzelbehandlungen durchzuführen, wird diese schnell zerschlagen. Das Hauptgeschäft besteht in Extraktionen.
Da vor Ort meistens keine ausreichenden Möglichkeiten für die Sterilisation gegeben sind, müssen zwischendurch immer wieder Hebel und Zangen hochdosiert desinfiziert werden, um den Andrang von Patienten mit ausreichend Material bewältigen zu können. Wenn alle Patienten versorgt sind, werden die mobilen Materialien abgebaut und verpackt, danach geht es wieder ins Camp zurück, wo alle Bestecke für den nächsten Einsatz sterilisiert werden können. Wie schon erwähnt, muss man sich auf das primäre Anliegen der Einheimischen konzentrieren, schmerzende Zähne entfernen zu lassen. Ästhetische zahnärztliche Tätigkeiten spielen eine eher untergeordnete Rolle. Dem Patienten ist eine Extraktion oft lieber als eine aufwendige Füllungstherapie, die in vielen Fällen allerdings möglich gewesen wäre.
Ohne den für Sambia zuständigen Mann vor Ort, Herman Striedl, geht nichts. Er ist Organisator, Moderator, Vermittler, Fahrer, einfach alles. Er ist auch der einzige Ansprechpartner vor Ort, der kompetente Auskünfte über den Einsatz in Sambia geben kann. Seit 40 Jahren lebt er in dem sambianischen System, kennt die wichtigen Leute und auch alle Verantwortlichen, die für die zahnärztliche Hilfe bedeutsam sind. Die Organisation vor Ort verläuft dank Striedls Hilfe reibungslos. Nach 40 Jahren Afrika hat er die afrikanischen Systeme verinnerlicht und versteht es, mit Einheimischen so zu kommunizieren, dass ihnen die Angst genommen wird, sich von unbekannten Menschen behandeln zu lassen.
Wenn man sich an eines ganz schnell gewöhnen muss, ist es der afrikanische Lebensstil. Die Vorstellung, in Sambia den „Dental Therapists“ das Handwerk nach deutschen Standards beizubringen, sollte man schnell vergessen. Sie haben ihren eigenen, sehr afrikanischen Arbeitsstil. Keiner kann Zähne so effektiv ziehen wie sie. Vielmehr sollte man die Zusammenarbeit mit ihnen als deutsch-sambianisches Austauschprogramm sehen. Geht es zum Beispiel um Füllungen, so können die Sambianer definitiv noch lernen, genauso aber können sich die deutschen Zahnärzte den einen oder anderen Tipp bezüglich der Extraktionen abschauen.
Man arbeitet in Sambia täglich unter erschwerten Bedingungen. Man wird keinen Tag erleben, an dem man nicht irgendetwas vermisst, mit dem man die Arbeit leichter bewältigen könnte.
Es ist eine tolle Erfahrung, eine fremde Kultur nicht aus der Sicht eines Touristen kennenzulernen, sondern Menschen Afrikas auf Augenhöhe begegnen zu können. Man sollte sich aber darauf einlassen, sich mit den Möglichkeiten vor Ort zufrieden zu geben, um zahnärztliche Hilfe zu leisten. Im Endeffekt ist es ein permanentes Improvisieren. Hier ein elementarer Tipp für die zahnärztliche Hilfe in Sambia: Zwar sind die Materialien vor Ort vorhanden, allerdings lässt der Zustand oftmals zu wünschen übrig. Da man hauptsächlich mit Extraktionen beschäftigt ist, sollte man es in Erwägung ziehen, feine Hebel aus Deutschland mitzubringen, die die Arbeit enorm erleichtern. Möchte man im Vorhinein Hilfe beisteuern und sich um Materialspenden kümmern, wäre es in Sambia eine riesige Hilfe, sich um Anästhetika zu bemühen. Diese sind absolute Mangelware und werden dringend benötigt.
Die afrikanische Kultur einmal hautnah zu erleben, war ein tolles Erlebnis. In diesem Umfeld zusätzlich Hilfe leisten zu können und einigen Menschen das Leben zu erleichtern, ist ein schönes Gefühl. Man sollte sich allerdings darüber im Klaren sein, dass ein solcher Einsatz nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein sein kann. Dennoch konnten wir vielfach direkte Hilfe bei Schmerzen und Krankheit leisten. In diesem Sinne lohnt es sich in jedem Fall, die Organisation „Zahnärzte ohne Grenzen“ durch einen persönlichen Einsatz zu unterstützen.
Ein Einsatz in Sambia für „Zahnärzte ohne Grenzen“ wird auf jeden Fall den persönlichen Horizont erweitern und ist eine Erfahrung fürs Leben. Man sollte die Hilfe für jeden individuell wertschätzen, dann wird die Hilfe in Sambia ein unvergessliches Erlebnis.