b Dschingis Khan gute Zähne hatte, konnte Konrad Kiesewetter nicht herausfinden. Auf all seinen Denkmälern in Ulan Bator hat der frühere Herrscher über die Mongolei seinen Mund geschlossen. „Aber bei dem wird’s bestimmt auch nicht besser gewesen sein“, sagt Kiesewetter.
Der Augsburger Zahnarzt war im August mit seinen beiden Assistentinnen drei Wochen für die „Dentists without limits foundation“ in der Mongolei unterwegs. In dieser Zeit hat der 63-Jährige einiges gesehen: „Die Menschen: rührend. Die Nomadentrachten: wunderbar. Nur die Zähne: einfach katastrophal.“
720 Menschen hat Kiesewetter in der Mongolei behandelt – und jeden Tag über 100 Zähne gezogen. Oft fand er in den Mündern der Einheimischen nur noch verfaulte Wurzelstumpen vor. „Das ist die Tragödie, die dort stattfindet“, sagt Kiesewetter. Der viele Zucker, die gegorene Yakmilch – das verursache letztlich alles Karies.
Gearbeitet haben Kiesewetter und seine beiden Assistentinnen in den örtlichen Krankenhäusern. Dort hatten sich vor dem provisorischen Behandlungszimmer jeweils schon am Morgen lange Warteschlangen gebildet – in Ikh Tamir genauso wie in Öndör Ulaan, zwei Städten in der Zentralmongolei. „Wobei das, was da in den Karten als Stadt eingezeichnet ist, eigentlich nicht mehr ist als ein paar Häuser“, sagt Kiesewetter.
In den Weiten des ostasiatischen Landes kommen auf den Quadratkilometer gerade einmal 0,3 Einwohner. Auf dem Weg zu seinen Einsatzorten kam das Augsburger Zahnarztteam an mehr Yaks als an Menschen vorbei. Riesige Herden der asiatischen Rinderart durchwanderten die Grassteppen, dazwischen immer wieder Zeltdörfer mit den traditionellen Jurten – und Supermärkte mit waschkörbeweise Bonbons, die in der Mongolei gerne als Gastgeschenk überbracht werden.
In der Mongolei gibt es etwa 900 Zahnärzte. Etwa drei Viertel davon haben ihre Praxis allerdings in der Hauptstadt Ulan Bator. In das dünn besiedelte Umland verirrt sich nur selten ein Zahnarzt. An ihren beiden Einsatzorten seien sie deshalb auch immer hofiert worden, mit Empfang beim Bürgermeister und anderen offiziellen Ehren, sagt Kiesewetter.
Auch die Patienten seien alle sehr dankbar gewesen. „Es gab zwar keine Möglichkeit, sich zu verständigen“, sagt Kiesewetter, „aber die Leute haben uns ein breites Lächeln geschenkt.“ Nach der Behandlung manchmal sogar mit offenem Mund. Und das war immerhin mehr, als sich der steinerne Dschingis Khan in der Hauptstadt traute.