Famulaturbericht
Unser erstes Interesse an einer Auslandfamulatur wurde bereits in der Vorklinik-Zeit geweckt bei einem Info- und Vortragsabend zu diesem Thema an unserer Regensburger Uni. Ein paar Semester und viele Erzählungen von befreundeten Zahnis später konkretisierten sich die Pläne. Ein englischsprachiges Land sollte es sein, anderer Kulturkreis und kostengünstig, damit wir neben der Famulatur auch noch etwas herumreisen können, ohne jeden Euro zweimal umzudrehen. Für Thailand entschieden wir uns jedoch auch maßgeblich aufgrund bester Erfahrungen von Kommilitonen. Der Kontakt zum Chef der Zahnklinik in Fang (nördlich von Chiang Mai) war sehr unkompliziert per mail.
Nach der ersten Anfrage klärten wir den Zeitraum ab und bekamen schon bald darauf die schriftliche Bestätigung für den ZAD per Post. Es erklärt sich von selbst, dass man umso bessere Chancen hat, je frühzeitiger man sich bewirbt. Ein knappes Jahr Vorlauf ist nicht übertrieben, wenn man bedenkt, was darauf hin noch alles zu organisieren ist (siehe unten) und Genehmigungen etc. einfach immer dauern können. Außerdem bekommt man gerade auf Langstreckenflüge oft Frühbucherrabatt. Nach der Zusage durch die Klinik standen also auf dem Programm: Flug buchen, Sprachzeugnis und verschiedenste Bestätigungen/ Formulare für ZAD/DAAD an der Heimatuni einholen, Impfschutz und Langzeit-Auslandskrankenschutz überprüfen/ erweitern, Visum beantragen, Spenden sammeln, evtl. Zwischenmieter für´s WG-Zimmer suchen u.v.m.
Anfang Februar 2009 wurde es dann ernst. Wir hatten gerade unsere Prothetikkurse erfolgreich abgeschlossen. Ein wenig Erfahrung in dieser Disziplin ist sicherlich ein großer Vorteil. Somit sind unserer Einschätzung nach sicherlich die Semesterferien nach dem 8. Semester der ideale Zeitpunkt. Flüge nach Bangkok gibt es zuhauf, danach über Chiang Mai nach Fang nahe der burmesischen Grenze. Dort angekommen wurden wir herzlich von Dr. Nid empfangen und durften kurz in unserem Guesthouse auf dem Klinikgelände ausruhen, bevor wir schon zum Essen (und TrinkenJ) eingeladen wurden. Die Klinik ist besser ausgestattet als erwartet. Moderne Füllungsmaterialien dominieren und hygienisch ist alles in Ordnung. Neben der Anamnese wird zudem bei jedem erwachsenen Patienten vor Behandlungsbeginn der Blutdruck gemessen, um mögliche Komplikationen zu vermeiden. Wir behandelten zumeist nach kurzer Rücksprache mit Dr. Nid oder Dr. Pen, die uns geeignete Patienten vorstellten.
Assistiert wurde uns von einer der vielen, äußerst netten dental nurses oder –assistants. Erstere haben eine dreijährige Ausbildung und dürfen auch Füllungen legen und extrahieren. Letztere sind nur angelernt und übernehmen die "normale" Stuhlassistenz, Instrumentenaufbereitung usw. Unser Behandlungsspekrum umfasste Füllungen, Endos, Abformungen und viele, viele Extraktionen und Wurzelrestentfernungen mit und ohne Naht. Sogar Ex horizontal verlagerter Molaren mit Wurzeltrennung standen mal auf dem Programm. Nicht nur bei diesen Spezialfällen konnten wir uns stets auf Rat und Unterstützung des Teams zählen. Eine derartige Betreuung ist in den Behandlungskursen zuhause leider nur selten gegeben. Überhaupt herrschte ein sehr herzliches Klima, das uns das Arbeiten wirklich angenehm machte. Sprachliche Barrieren hatten wir leider zum größten Teil unserer Patienten, da diese so gut wie kein englisch sprachen und unser mühsam gelerntes Dutzend thai-Floskeln oft mangels richtiger Betonung nicht verstanden wurde. Wir verzweifelten fast an dieser völlig fremden Sprache ;-)
Zum Glück sind die nurses erfahrene "Dolmetscher"… Zu unseren besonderen Highlights zählten aber sicherlich zwei Auswärtsspiele: Je einen Tag verbrachten wir im Gefängnis und in einem Bergdorf. Dort konnten aufgrund der fehlenden Behandlungseinheiten zwar nur Extraktionen vorgenommen werden, aber die Menschen waren trotzdem dankbar, dass wir sie von den bösen Schmerzmachern befreiten. Und eine Spritze war natürlich obligat! Insgesamt war die Famulatur eine absolut lohnende Erfahrung, sowohl fachlich als auch besonders kulturell. Zudem war es richtig entspannend, mal nicht unter permanentem Punktedruck und überlasteten Assistenten zu arbeiten. Falls nun jemand Lust bekommen hat – plant auf jeden Fall genügend Zeit ein, damit ihr neben dem Praktikum auch herumreisen könnt! Thailand ist ein geniales Land. Beste Infrastruktur, vielfältige Landschaft, fantastisches Essen, sehr freundliche Menschen und das alles noch immer zu unheimlich günstigen Preisen. Tipps zur Planung findet ihr auch im "lonely planet" oder Stefan Loose Reiseführer. Noch eine letzte Anmerkung zu den Spenden: besonders nützlich sind sicherlich Anästhetika, Schmerzmittel, Instrumente (Hand- und Rund-), Komposite, GIZ und Stripkronen. Thailand rocks!