Fiji National University,College of Medicine, Department of Oral Health in Suva, Fiji

#1 von carlos , 13.05.2012 16:56

Famulaturbericht

Da es sich um meine letzten Semesterferien vor dem Examen handelte, ich schon immer großen Spaß am
Reisen und fremden Kulturen hatte, es interessant finde, neue Menschen kennen zu lernen und mich mit ihnen
auszutauschen, ich aber gleichzeitig auch etwas Nützliches tun, meine bisher erlernten zahnmedizinischen
Fähigkeiten anwenden, Erfahrungen sammeln und mein Fachwissen vertiefen wollte, entschied ich mich für
eine Famulatur im Ausland. Nachdem meine früheren Reisen mich hauptsächlich nach Südamerika und Asien
geführt hatten und ich dieses Mal eine ganz neue, mir bis dahin unbekannte Kultur erleben wollte, war für mich
schnell klar, dass es in die Südsee gehen sollte. Daher schrieb ich sämtliche Kliniken und Universitäten im
südpazifischen Raum an und bewarb mich für eine Famulatur, von der Fiji National University (Adresse: Fiji
National University, College of Medicine, Nursing and Health, Department of Oral Health, Brown Street, Suva,
FIJI; Post-Adresse: Private Mail Bag, Suva, FIJI) erhielt ich dann recht bald die Zusage (Ansprechpartner: Mrs.
Alisi Batimoko, Elective Coordinator – alisi.batimoko@fnu.ac.fj und Mr. Dr. Joji Ralovo, Elective Supervisor –
joji.ralovo@fnu.ac.fj).
Um meine Famulatur dort antreten zu können, musste ich allerdings 500 F$ (=220 €; 1 € = 2,27 F$), sozusagen
als Studiengebühren, an die FNU überweisen. Dafür wurde ich dann offiziell beim Fiji Dental Council registriert
und ich bekam einen ordentlichen Studentenausweis. Die Registrierung war notwendig, da ich sonst keine
Erlaubnis für das Behandeln von Patienten bekommen hätte.
Ansonsten traf ich keine großen Vorbereitungen. Ich besorgte mir lediglich einen Reiseführer (Lonely Planet),
um mich vor meinem Reiseantritt ein wenig über Land, Leute, das Klima und die Kultur zu informieren. Zudem
verschaffte ich mir mit Hilfe des Reiseführers schon einmal einen Überblick über Suva, die Hauptstadt, in der
ich die Famulatur absolvieren würde.
Um das Visum muss man sich nicht schon vorher kümmern. Als Tourist erhält man ein 4-monatiges Touristen-
Visum, wenn man auf den Fidschi-Inseln Praktikum macht, bekommt man nur ein 2-wöchiges Visum, welches
sich aber ganz einfach vor Ort verlängern lässt. Hierzu benötigt man lediglich den Reisepass und eine Kopie der
Foto-Seite, eine Kopie des Rückflugtickets und eine Bestätigung des Arbeitgeber/Praktikumsplatzes. Allerdings
musste ich zusätzlich 190 F$ (= 83 €) zahlen, worüber mich vorher niemand aufgeklärt hatte. Aber ohne Geld
gab´s auch keine Verlängerung des Visums.
Dann schrieb ich natürlich noch die gängigen Dentalfirmen an und bat diese um Spenden. Da ich den Flug mit
Emirates gebucht hatte, waren 30 kg Freigepäck erlaubt, was es mir ermöglichte, alle gesammelten
Instrumente und Materialien ohne zusätzlichen Aufwand und Kosten zu transportieren.
Nach knapp 30 Stunden Flug und weiteren vier Stunden Busfahrt, kam ich endlich in Suva, der Hauptstadt
Fidschi, an.
Mein erster Weg führte ins Hostel, die Colonial Lodge. Diese hatte mir Mrs. Batimoko unter anderem als eine
von drei Unterbringungsmöglichkeiten empfohlen. Um das Zimmer dort und die Unterkunft an und für sich
musste ich mich aber selber kümmern. Ich für meinen Teil kann jedem die Colonial Lodge
(www.coloniallodge.com.fj; Einzelzimmer: 30 F$/Nacht für Langzeitgäste, Dorm: 22 F$/Nacht für Langzeitgäste;
alle Preise inklusive Frühstück) nur empfehlen. Es handelt sich um einen familiengeführten Betrieb. Die
Besitzerin, Suzie, wohnt mit ihren zwei Söhnen selbst mit im Haupthaus und wird gelegentlich von ihrem Vater
unterstützt. Ich habe mich dort sehr wohl und gut aufgehoben gefühlt. Suzie war immer sehr bemüht um ihre
Gäste, wir haben jeden Morgen gemeinsam mit der Familie gefrühstückt und gegen einen geringen Aufpreis
konnten wir auch gemeinsam mit der Familie zu Abend essen. Außerdem ließ uns Suzie am Familienleben mit
teilhaben. So feierten wir zum Beispiel den 14. Geburtstag von einem der Söhne zusammen und wurde sogar
zu einem Hochzeitsessen von Suzies Nichte eingeladen. Gemeinsam mit mir waren in der Lodge noch 2 junge
Leute aus Großbritannien untergebracht, die genau wie ich für einen längeren Zeitraum in Suva blieben und
dort an sozialen Projekten mitarbeiteten. Insofern fand ich gleich netten Anschluss.
Die Lodge hatte für mich als zahnmedizinischen Famulanten eine ausgesprochen gute Lage. Die Zahnklinik war
zu Fuß innerhalb von 5 bis 7 Minuten gut zu erreichen, so dass ich nicht auf Busse angewiesen war.
Alles in allem ist aber zu sagen, dass die Busverbindungen auf den Hauptinseln und vor allem in den größeren
Städten wirklich gut sind. Die Busse verkehren regelmäßig und sind zudem unschlagbar günstig. Ebenso sind
Busse ein ausgezeichnetes Transportmittel und eine kostengünstige Alternative zu den Inlandsflügen, um auf
den Hauptinseln von einem Ort zum nächsten zu gelangen. Allerdings muss man hier zwischen den großen
(Express-) Reisebussen und den kleinen Minibussen unterscheiden. Vor letzteren wurde ich von den
Einheimischen ausdrücklich gewarnt.
Nachdem ich mich nun also von der langen Reise erholt und die erste Nacht in meinem neuen Zuhause auf Zeit
gut geschlafen hatte, machte ich mich zu Fuß auf den Weg in die Klinik. Dort war ich zunächst mit Mrs. Alisi
Batimoko (Elective Coordinator) verabredet. Sie regelte all die bürokratischen Angelegenheiten (Überprüfen
meines Passes, Übergabe des Studentenausweises) mit mir und schickte mich gleich anschließend zur
Einwanderungsbehörde, auf der ich mein Visum verlängern und eine Arbeitserlaubnis beantragen sollte.
Nachmittags traf ich dann endlich auf Dr. Joji Ralovo, meinen Betreuer. Er zeigte mir die Kliniken und
Behandlungsräume und stellte mich der gesamten Belegschaft vor. Außerdem erklärte er mir, dass ich meine
Zeit an der Klinik hauptsächlich mit den Abschlussjahr-Studenten verbringen würde und händigte mir deren
Stundenplan aus. Ich sollte also Patienten zu deren Kurszeiten einbestellen und diese im Studentenkurs unter
der Aufsicht eines Zahnarztes behandeln. Während deren Vorlesungs- und Laborzeiten aber, verkündete er mir,
könne ich mir raussuchen, in welche Klinik ich gehen und was ich machen wolle.
Am nächsten Morgen startete nun tatsächlich mein Famulaturprogramm. Es bürgerte sich ein, dass ich jeden
Montag und Mittwoch in der benachbarten staatlich geführten Zahnklinik verbrachte, da die
Abschlussjahrstudenten an diesen beiden Tagen keine Behandlungszeiten hatten, an den restlichen Tagen der
Woche sah ich Patienten in den Räumen der Universitätsklinik im Studentenkurs. Die Arbeit in den beiden
Kliniken hätte unterschiedlicher nicht sein können:
In der staatlichen Klinik hatte ich viele Freiheiten, die angestellten Zahnärzte dort vertrauten mir, ließen mir
freie Hand bei meinen Entscheidungen die Behandlung betreffend und kontrollierten mich und meine Arbeit
nur, wenn ich mir unsicher war und nachfragte. Die Tätigkeiten, die ich in dieser Klinik ausführte, beschränkten
sich hauptsächlich auf Extraktionen und akute Schmerzbehandlung (Kariesexkavation mit anschließender
temporärer Füllung aus Harvard-Zement), da es entweder den Patienten an Geld oder der Klinik an
Füllungsmaterialen, Medikamenten und Instrumenten für eine endodontische Behandlung mangelte. Nur ab
und an konnte sich ein Patient eine Amalgamfüllung leisten. Zusätzlich hatte die staatliche Zahnklinik auch eine
kleine oralchirurgische Abteilung, in der hauptsächlich Weisheitszahn-Osteotomien, Freilegungen und
Entfernung verlagerter Zähne und konservative Frakturbehandlungen durchgeführt wurden. Ich durfte zwar
nicht selber ran, aber als Assistenz stand ich oftmals mit im OP. Hier findet auch die oralchirurgische Ausbildung
Die zahnmedizinischen Tätigkeiten an der Universitätsklinik hingegen hatten mehr Ähnlichkeit mit den
Tätigkeiten an deutschen Universitätskliniken (Kompositfüllungen, Amalgamfüllungen, endodontische
Maßnahmen, Extraktionen, Parodontitis-Behandlungen, Versorgung von Lückengebissen mit Prothesen). Dies
liegt vor allem daran, dass es sich um die einzige Universitäts-Zahnklinik im gesamten südpazifischen Raum
handelt und die Zahnärzte dementsprechend sehr darauf bedacht sind, dass die Studenten eine möglichst gute
Ausbildung auf dem aktuellsten Stand erhalten sollen. Natürlich fehlt es auch hier an diversen Instrumenten
und finanziellen Möglichkeiten. So werden zum Beispiel nur Totalprothesen und Interimsprothesen, nicht aber
Modellgussprothesen, angefertigt. Auch festsitzende Arbeiten wie Kronen oder Brücken werden äußerst selten
hergestellt, da die meisten Patienten nicht einmal die Materialkosten aus eigener Tasche bezahlen können.
Jeder Student, auch ich, musste seine Patienten komplett sanieren. Das bedeutete, wenn der Patient zum
ersten Mal in die Klinik kam, wurde ein kompletter Befund gemacht und eine Problemliste erstellt, die nach
und nach in der Reihenfolge der dringlichsten Behandlungsschritte abgearbeitet werden musste. Dies geschah
immer unter Aufsicht eines Zahnarztes, der jeden Schritt kontrollierte.
Ein Highlight meines Aufenthaltes war ein Wochenend-Ausflug in eine kleine „Community“, am Rande von Suva
gelegen, in der hauptsächlich Menschen mit einem geringen Einkommen lebten, und die mit Hilfe dieses
Ausfluges auf die kostenlose Behandlung durch die Studenten aufmerksam gemacht werden sollten. Zusätzlich
zu dem Zahnärzteteam (bestehend aus 2 Zahnärzten, einem Helfer und 8 Studenten) reiste ein Team aus dem
Zentrum für reproduktive Medizin an, das die Dorfbewohner über Verhütung aufklären und einen allgemeinen
Gesundheitscheck durchführen wollte. Gemeinsam verwandelten wir kurzerhand die Gemeindehalle, den
Mittelpunkt des Dorfes, mit Hilfe von ein paar aufklappbaren Behandlungsstühlen in eine „Mini-Klinik“. Wir
hatten einige Materialien, Instrumente, hauptsächlich Zangen, und sogar ein kleines Sterilisationsgerät dabei.
Mit Stirnleuchten, Spiegel und Sonde bewaffnet erhoben wir allein am Samstagvormittag die Befunde von rund
70 Dorfbewohnern und extrahierten einige Zähne von schmerzgeplagten Patienten. Das war wirklich eine
einmalige Erfahrung, die man so sicher in Deutschland niemals macht.
Große Sprachprobleme und Schwierigkeiten mit der Kommunikation hatte ich eigentlich keine, da auf den
Fidschi-Inseln jedes Kind, das zur Schule geht, Englisch lernen muss und auch in der Öffentlichkeit, auf den
Behörden, etc. Englisch die gängige Sprache ist. Natürlich hatte ich auch das ein oder andere Mal eine ältere
Person aus einem kleinen Dorf auf dem Behandlungsstuhl sitzen, die nur „Fiji“ sprach, aber dieses Problem ließ
sich eigentlich immer gut lösen, indem eine/r der Studentenhelfer/innen dolmetschte.
Um das Mittagessen und das Abendessen musste ich mich selbst kümmern. Für 10 F$ zusätzlich hätte ich in der
Colonial Lodge mit Suzie und ihrer Familie zu Abend essen können, aber auch in der Stadt gab es wirklich gutes
Essen und große Portionen, die satt machen, bereits für 7-10 F$. Mittags aß ich für 3-4 F$ meist in einem
kleinen Imbiss, der Kidney Foundation, in der Näher der Klinik oder aber der Cafeteria. Allerdings benötigte ich
oft nicht einmal ein Mittagessen, da mich die Angestellten der Klinik gegen 11 Uhr täglich zu Tee, Gebäck und
Brot einluden, so dass ich um die Mittagszeit gar nicht hungrig war.
Dadurch dass ich viel Zeit an der Klinik mit den Abschlussjahr-Studenten verbracht habe, fand ich schnell
Anschluss. Vor allem mit drei Mädchen habe ich mich richtig gut verstanden, so dass sich bereits nach kurzer
Zeit eine Freundschaft entwickelte. Die drei waren sehr bemüht um mich, wir verbrachten oft die Mittagspause
miteinander und sind auch abends gemeinsam etwas essen oder trinken gegangen. Auch die Ärzte und die
Angestellten an der Klinik waren äußerst nett. So gut wie jeder Arzt lud mich zumindest einmal zum Essen ein,
einige nahmen mich sogar mit zu sich nach Hause und stellten mir ihre Familie vor. Auch wenn am
Wochenende etwas geplant war, wurde ich immer gefragt, ob ich Interesse hätte, daran teilzunehmen. Alle
hatten großes Interesse daran, mir die Kultur, Land und Leute und natürlich die Küche Fidschis näher zu
bringen. Und auch heute besteht zu den drei Mädels und einigen Angestellten noch regelmäßig Kontakt.
Die Wochenenden nutzte ich vor allem zum Reisen, da ich möglichst viel von den Fidschi-Inseln sehen wollte.
So machte ich Ausflüge zu den unterschiedlichsten Stränden der Hauptinsel, wanderte mit den Angestellten der
Fiji National University die Küste entlang und besuchte einen National Park. Das schönste Wochenende
verbrachte ich allerdings auf einer kleinen, wirklich einsamen Insel. Ich war der einzige Gast dort, die
Einheimischen dort kochten nur für mich, gingen mit mir schnorcheln und Paddel-Surfen und luden mich zu
ihrer Kava-Runde ein. Wir verbrachten eine wundervolle Zeit zusammen. Auch hier bestehen weiterhin
Kontakte.
Überhaupt waren die Bewohner Fidschis sehr freundlich und interessiert. Überall, wo ich hinkam, wurde ich mit
offenen Armen empfangen. Mir wurden sehr viele Fragen über Deutschland, Europa, das Studium in
Deutschland, darüber was ich auf den Fidschis mache und wie es mir in Suva gefällt, gestellt, die ich in
geselliger Runde immer gerne beantwortete. Positiv stach mir ins Auge, dass die Menschen auf Fidschi so gut
wie immer lächeln. Jeden Morgen auf demWeg zur Arbeit begegneten mir nur lächelnde Gesichter, die mich
freundlich mit einem laut tönenden „Bula“ grüßten. Hektik, so wie wir sie in Deutschland kennen, existiert
nicht. Die ganze Atmosphäre ist so viel relaxter.
Die Ausbildung der Ärzte und Zahnärzte auf den Fidschis ist gut. Viele gehen nach Australien oder Neuseeland
zum Studieren und auch an der Fiji National University halten oftmals Gastdozenten aus oben genannten
Ländern Vorlesungen. Allerdings arbeiten viele der gut ausgebildeten Ärzte in privaten Institutionen, die sich
die normalen Bürger nicht leisten können. Auch die Ausbildung der Ärzte an den staatlichen Institutionen ist
sicherlich nicht schlecht, allerdings mangelt es hier an Geld und somit auch an Materialien und Gerätschaften.
Außerdem wird auf Fidschi noch viel zu wenig aufgeklärt. Vor allem bei den Themen Verhütung und Diabetes
bestehen noch große Defizite.
Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass ich eine Famulatur auf den Fidschi-Inseln immer wieder machen
würde. Meine Erwartungen wurden keinesfalls enttäuscht. Ich hatte eine großartige Zeit auf den Fidschis, habe
tolle Menschen getroffen und einmalige Erfahrungen gesammelt. Die Arbeit hat mir großen Spaß gemacht und
ich hatte die Chance, meine Fertigkeiten zu vertiefen, vor allem auf dem Gebiet der Zahnextraktionen und
Amalgamfüllungen. Ich habe mich immer willkommen gefühlt und habe meinen Aufenthalt in vollen Zügen
genossen.

carlos  
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