Als mich Anfang 2008 ein Spendenaufruf der Organisation erreichte, sagte ich mir, nicht die Geldspende
sondern der eigene Einsatz ist die effizienteste Hilfe überhaupt.
Nach wenigen Telefonaten mit Frankfurt, dem Sitz der Organisation, und der Zustimmung der Familie, wurde mir ein sechswöchiger Einsatz in Nicaragua angeboten, in der Zeit vom 8.11.2008 –20.12.2008. Alles Organisatorische wurde von Frankfurt aus in kürzester Zeit erledigt, so dass dem Abenteuer
nichts mehr im Wege stand.
Armes Land
Nicaragua ist nach Haiti das ärmste Land Lateinamerikas und Schauplatz mehrjähriger Bürgerkriege. Zudem
wurde das Land immer wieder von schweren Erdbeben heimgesucht. Doch inmitten all der Armut strahlen und
spielen die Kinder, und davon gibt es sehr viele, überhaupt ist die Bevölkerung freundlich und hat ihr Lachen nicht verlernt. Nicaragua, mit seinen circa 5,5 Millionen Einwohnern und einem Durchschnittsalter von circa 20 Jahren ist ein sehr junges Land. Mein Einsatzort war »Ciudad Sandino
«, eine Stadt von circa 110.000 Einwohnern, etwa fünfzehn Kilometer westlich von der Hauptstadt Managua
(1,4 Millionen Einwohner) gelegen. Zusammen mit zwei medizinischen Kollegen
war ich in einer recht komfortablen Unterkunft einquartiert, wo wir auch mittags mit Mahlzeiten versorgt
wurden.
Die Arbeitsbedingungen
Ich arbeitete vormittags in einem Ambulatorium nahe unserer Unterkunft in einem erstaunlich gut ausgestatteten Behandlungszimmer an einer modernen Behandlungseinheit, einem etwas älteren Modell von KaVo. Hier konnten, außer Prothetik, alle konservierenden und chirurgischen Maßnahmen durchgeführt werden. Mir zur Seite stand eine sehr gut ausgebildete Zahnarzthelferin, die nicht nur eine
große Hilfe bei der Behandlung war, sondern mir auch die Kommunikation mit den Patienten erleichterte – es wurde nur spanisch gesprochen. Darüber hinaus war es ihre Aufgabe, bei den Außeneinsätzen vor Beginn der Behandlung die Patienten über Zahnerkrankungen und ihre Vermeidung aufzuklären.
Dieses erfolgte sehr ausführlich auch mit Hinweisen auf Folgeer-krankungen des Gesamtorganismus.
Hierzu kamen die auch bei uns bekannten »Zahnmodelle« zum Einsatz. Nachmittags
fuhr ich dann zusammen mit den ärztlichen Kollegen und dem Assistenzpersonal mit einem Bus – mit allen Ausrüstungsgegenständen, die Arzt und Zahnarzt brauchen inklusive Apotheke – in die Slums der Hauptstadt Managua, wo wir teilweise in Kirchen, Schulen und Begegnungsstätten unter
hygienisch äußerst grenzwertigen Bedingungen arbeiten mussten. Der Behandlungsstuhl war ein Modell aus alten Bundeswehrbeständen, klappbar aber sehr niedrig, was zu ständiger
Fehlbelastung der Wirbelsäule führte mit entsprechenden Folgen.
ExtraktionsTherapie
Konnte ich im Ambulatorium Füllungen legen, auch Composite lichthärtend, Zahnreinigungen vornehmen und selten auch mal endodontisch tätig werden, so wurde bei den externen Einsätzen ausschließlich extrahiert.
Hier mussten Zähne jeglichen Zerstörungsgrades entfernt werden, auch wenn Tieffrakturen und feinste Wurzelreste den Behandler sehr beanspruchten.
Das Instrumentarium war
auch gerade für die chirurgische Behandlung
überkomplett, trotzdem konnte nur mit Zangen und Hebeln gearbeitet werden. Unser Stuhl wurde so plaziert, dass möglichst viel Tageslicht zur Verfügung stand, aber meistens musste die Taschenlampe (Stirnlampe
mit Leuchtdioden) zu Hilfe genommen werden. Da eine komplette Apotheke ständig mitgeführt wurde, die alle gängigen Präparate zur Schmerzbehandlung und alle für uns relevanten Antibiotika beinhaltete, war eine ausreichende medikamentöse Therapie, so erforderlich, ohne Probleme durchzuführen.
Während der sechs Wochen meines Einsatzes waren zwei davon im Hochland
Nicaraguas zu absolvieren, und zwar in der Nähe zu Honduras, dem
nördlichen Nachbarn zu Nicaragua.
Hier, ausgehend vom kleinen Städtchen Ocotal, wurde ausschließlich extern behandelt. Mit einem vollbepackten PickUp ging es morgens zusammen mit einer ärztin und Hilfspersonal – meine angestammte Helferin war natürlich dabei – häufig mehrere Stunden über unvorstellbar schlechte Wege in die Berge, glücklicherweise war die regenzeit vorbei. Die Patienten Weitere Informationen erhalten Sie
über: http://www.aerzte-dritte-welt.de Für Spenden folgende Angaben:
Ärzte für die Dritte Welt,
Konto Nr. 234 567
BLZ: 500 502 01
dort wurden vorher über unser Erscheinen informiert und sammelten sich, oft nach langen Fußmärschen in einem Dorf, in dem es ein Gebäude (s.o.) gab, in das unsere bescheidene Ausrüstung
passte. Auch hier gab es nur eine Therapiemöglichkeit:
Extraktion. Kein Wunder, in einer Gegend, wo Zahnbürste und Zahnpasta nicht vorhanden
oder unbekannt sind. Von einer namhaften Weltfirma gesponserte Hygienekits
verteilten wir reichlich an die Patienten.
ZahngesundheitsStatus
Der Zustand der Mundgesundheit der Bevölkerung ist sehr unterschiedlich, von erstaunlich gut bis katastrophal, und das ist vor allem in den Außenbezirken der Fall. Hier spiegeln sich ganz
deutlich die sozialen Verhältnisse wider, wie anderswo auch.
Gerade bei Kindern und älteren Erwachsenen wird deutlich, dass die Ernährung Ursache für den schlechten Zustand der Zähne ist. Eindeutig ist der ständige Konsum von zuckerhaltigen Nahrungsmitteln und Getränken verantwortlich für die hohe Kariesrate.
Obwohl das Gesundheitsangebot in den Städten als gut bezeichnet werden kann, sowohl allgemeinmedizinsch
wie auch zahmedizinisch, so ist nur der geringste Teil der Bevölkerung in der Lage, daran teilzuhaben. Die überwiegende Mehrheit der Nicas ist zu arm, Honorare für medizinische Leistungen zu bezahlen. Deshalb ist es unerlässlich, in den Ländern der Dritten Welt kostenlose
Hilfe zur Verfügung zu stellen.
Fazit
Dieses war mein erster Einsatz in der Dritten Welt, wohl aber nicht der letzte.
Ich kehrte mit einem guten Gefühl nach Deutschland zurück.
Dr. Manfred Kuhne aus Oberndorf l