Famulaturbericht Madagaskar

#1 von carlos , 20.07.2010 15:33

Famulaturbericht Madagaskar 2007
16.08.2008 -19.10.2008
Dass wir eine Auslandsfamulatur machen wollten stand für uns schon recht früh fest –
nur wohin war die Frage. Da wir alle Französisch in der Schule hatten,
beziehungsweise sogar Muttersprachler sind, bat sich Madagaskar als Land sehr an:
dort konnten wir famulieren und gleichzeitig noch unsere Französischkenntnisse
auffrischen.
Da Kommilitonen von uns bereits im Vorjahr in Mahajanga waren, hatten wir sehr
schnell den Kontakt zu einer Professorin der Klinik (Professor. Rialison) hergestellt. Auch
in vielen weiteren Fragen konnten uns die Anderen gut weiterhelfen. Dies war sehr
angenehm, da wir die gesamte Famulatur privat organisiert hatten. Nachdem wir die
definitive Zusage der Universitätsklinik Mahajanga hatten, buchten wir unsere Flüge,
nahmen alle notwendigen Impfungen vor und kümmerten uns um dentale
Sachspenden (um welche wir auch von der Klinik ausdrücklich gebeten wurden).
Mitte August war es dann soweit: wir flogen von Frankfurt über Johannesburg nach
Antananarivo (kurz „Tana“). Dort wurden wir am Flughafen von der Besitzerin (Nicole)
des Hostels, in dem wir die erste Nacht verbrachten, abgeholt (10€ pP fürs Abholen,
5€ für die Übernachtung). Am Flughafen konnten wir dann direkt Geld tauschen und
kauften uns gleich noch eine madagassische Handy Karte um dort relativ günstig
erreichbar zu sein (für 5€ hätte man sich auch noch ein Handy dazukaufen können).
Nach der ersten Nacht in der Hauptstadt ging es los nach Mahajanga. Für die
Strecke nahmen wir das „öffentliche Verkehrsmittel“ der Wahl: ein Busch Taxi
(genannt „Taxi Brousse“). Dabei handelt es sich um eine abenteuerliche, ab und an
auch nicht ungefährliche Transportart bei der im optimalen Fall 14 Leute, im
schlimmsten Fall bis zu 23 Leute in einen Minibus gepackt werden.
Nach 10 Stunden kamen wir an der Westküste an, nahmen ein Taxi zur Klinik und
wurden dort von Dr. Emmanuel (dem Direktor der Klinik) begrüßt und durch die Klinik
geführt.
Die Leute aus der Klinik hatten sich schon um eine Übernachtungsmöglichkeit für uns
gekümmert und so wurden wir im Anschluss von Dr. Emmanuel zum Hotel Kanto
gebracht, wo wir für ca. 4€/Nacht unterkamen. Von dort aus waren wir in ca. 10
Minuten zu Fuß in der Klinik.
In der Klinik durften wir zusammen mit den madagassischen Studenten im
Studentenkurs Patienten behandeln. Insgesamt gibt es 15 Behandlungsstühle bei
denen weder die Absauganlage noch Luft- und Wasserkühlung der Winkelstücke
funktionieren. Winkelstücke sind nur in begrenztem Maße vorhanden und je nach
dem an welchem Stuhl man behandelt, kann man nur das rote oder nur das grüne
Winkelstück benutzen. Ein Röntgengerät ist im Saal ebenfalls vorhanden – zwar
älteren Baujahres, aber es funktioniert.
Von den Spenden die wir mitgebracht haben (ein 20kg Paket im Voraus geschickt
und die Sachen aus unseren Koffern) fand leider nur ein kleiner Teil den Weg in den
Studentenkurs. Vor allem die Instrumente wurden von den Professoren für sich und
wahrscheinlich ihre Praxen einbehalten. Daher empfiehlt es sich einen kleinen Stand
an Instrumenten für sich zusammen zustellen welche man nicht beim Direktor abgibt
sondern für seine Behandlung behält.
Die restlichen, mitgebrachten Verbrauchsmaterialien (vor allem Amalgam,
Handschuhe, Mundschutz und Desinfektionsmittel) wurden im Kurs von allen benutzt.
Die Behandlungszeiten sind Montag bis Freitag 7.30-11.00 Uhr und 14.30-16.00 Uhr.
Der Behandlungsbedarf in Madagaskar ist hoch und viele Menschen laufen bereits in
jungen Jahren mit Lücken herum, da sie sich eine konservierende Behandlung nicht
leisten können. Die gesamten Behandlungskosten müssen privat bezahlt werden, da
es keine wirklich Krankenversicherung gibt. Zwar zahlen die Patienten im
Studentenkurs nur ein Drittel der regulären Behandlungskosten, dies ist aber immer
noch so viel, dass einige erst zur Behandlung kommen, wenn sie bereits große
Schmerzen haben und man den Zahn eigentlich nur noch ziehen kann.
Unsere Tätigkeiten in der Klinik erstreckten sich von Extraktionen (oft auch nur
Wurzelreste), über Füllungen (Amalgam, GIZ, Composite), Prophylaxe,
Kinderbehandlung bis hin zu Wurzelkanalbehandlungen. Da nicht immer alle
Materialien oder Instrumente so vorhanden waren bzw. funktionierten wie man es
gewohnt war, musste man viel improvisieren – was mit der Zeit aber großen Spaß
machte.
Wir durften von Anfang an sehr selbstständig arbeiten, aber wenn es Probleme gab
war immer sofort jemand zur Stelle (ob von den Professoren oder auch von den
Studenten – welche oft Übersetzungsarbeit vom Madagassischen ins Französische für
uns leisten mussten). Alle Zahnärzte waren sehr nett und hilfsbereit und die Studenten
integrierten uns schnell in den Klinikalltag, sodass wir uns die ganze Zeit über sehr
wohlgefühlt haben.
Auch in der Freizeit unternahmen wir viel mit den madagassischen Studenten:
Abends Billard spielen, Karaoke, Ausflüge an den Wochenenden, etc.
Highlight der Famulatur war eindeutig der „Stage de Brousse“ (Busch Praktikum), bei
dem die Studenten zusammen mit den Ärzten ins Umland fuhren um dort die
Menschen zu behandeln die selten die Möglichkeit haben zum Zahnarzt zu kommen.
Dafür wurden Camping Stühle, eine mobile Einheit, viel Extraktionsinstrumentarium
und einen Gaskocher zur Sterilisation in einen Bus gepackt und ins Umland
transportiert. Bei diesen Einsätzen wurde behandelt was gerade akut war:
hauptsächlich wurden Zähne gezogen, aber auch die ein oder andere Füllung
gelegt.
Generell waren wir vom Mut und der Tapferkeit vor allem der Kinder sehr
beeindruckt, welche sich trotz oftmals großer Schmerzen, anstandslos behandeln
ließen.
Das Zahnmedizinstudium in Madagaskar ist nur an der Westküste in Mahajanga
möglich. Es umfasst sechs Jahre: drei davon in der Vorklinik, drei in der Klinik. Nach
dem ersten Jahr kommen von den ca. 250 Studienanfängern nur 25 Studenten
weiter, was einen großen Konkurrenzdruck bedeutet. In der Klinik müssen die
Studenten ein einem Jahr gewisse Anforderungen erfüllen (bestimmte Anzahl an
Extraktionen, Füllungen, Wurzelkanalbehandlungen, KFO, Prothesen anfertigen etc.).
Die Studiengebühren betragen 20-30 000 Ariary im Jahr, was umgerechnet 10-15€
entsprechen. Die Studenten müssen sich ihre Patienten selbst suchen und wenn ein
Patient nach der Behandlung nicht bezahlen kann, müssen die Studenten dafür
aufkommen.
An den Wochenenden hatten wir Zeit das Land und seine Vielfalt nähre kennen zu
lernen. Die Menschen leben hier sehr traditionsbewusst und viele betreiben eine
ausgeprägte Ahnenverehrung. Die große Armut des Landes ist an allen Ecken
Madagaskars sichtbar. Trotzdem sind die Menschen zufrieden und gelassen („Mora-
Mora“ lautet die Devise – immer schön langsam und entspannt). Mahajanga gehört
mit seinen knapp 1,7 Mio. Einwohnern noch zu den wohlhabenderen Regionen.
Das Hauptnahrungsmittel in Madagaskar ist Reis, der in sämtlichen Variationen
gegessen wird. Sogar das Reiswasser dient den Madagassen als Getränk. Es gibt
viele exotische Früchte (Ananas, Papaya, Litschi, Mango, Corosol,…) und überall
laufen Hühner herum, die oft für das allseits beliebte und schnell bereitete „Akoho
Sauce“ (Hühnchen-Stücke in etwas Fleischsaft, dazu viel Reis) gebraucht werden. Toll
sind, vor allem in Mahajanga, die Straßengrillstände, bei denen man frische Zebu-
Spieße, gebratenes Maniok, Crêpes und rohen Mango-Salat zu Essen bekommt.
Insgesamt hatten wir eine wunderschöne Zeit in Madagaskar, haben viel gelernt,
einiges gesehen und viele nette Menschen kennengelernt. Unsere Erwartungen an
diese Famulatur wurden voll und ganz erfüllt.
Bei Fragen könnt ihr euch jederzeit an uns wenden:
Julia Müller Marie Saniter Patrick Kurz
Juliemueller1@web.de bunnylicious51@yahoo.de
shortymail@gmx.de
Es empfiehlt sich auf jeden Fall eine VISA Kreditkarte mitzunehmen (statt Mastercard),
da diese wirklich überall funktioniert. Es ist auch nicht verkehrt ein paar Euro in bar
mitzunehmen, da man die eigentlich überall (auch bei Privatpersonen) gut tauschen
kann.
Gerade für die Hauptstadt und Regionen in denen man sich nicht ganz so „wohl“
fühlt ist ein Geldbeutel den man sich um den Bauch schnallen und somit unter der
Hose tragen kann oft nicht verkehrt, da man dort seine Wertsachen jederzeit unter
Kontrolle hat. Wobei uns in der ganzen Zeit nie etwas passiert ist und Madagaskar an
sich auch ein sicheres Reiseland ist.
Als Reiseführer hatten wir den „Bradt“ und den „Lonely Planet“ (beide auf Englisch
und zu empfehlen).
Wir haben uns alle gegen Gelbfieber, Meningokokken und Typhus impfen lassen (die
Impfung gegen Hepatitis A und B hatten wir alle schon) und zur Malaria Prophylaxe
nahmen zwei von uns Lariam und eine Malorone – alle ohne Probleme. Es empfiehlt
sich eine gute Reiseapotheke mitzunehmen, da man für Fälle gewappnet sein sollte.
Kosten:
Impfungen : 140€
Flug : 1100€
Medikamente : 150€
Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Ärzten der Universitätsklinik Mahajanga die
uns so gut betreut haben und auch den Studenten vor Ort, welche uns so herzlich
empfangen und unterstützt haben. Außerdem gilt unser Dank allen Dentalfirmen für
ihre zahlreichen Spenden, sowie der Firma JUWA JUNGMANN für ihre Bälle mit denen
wir das ein oder andere Kind noch mehr für unsere Behandlung begeistern konnten.

carlos  
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RE: Famulaturbericht Madagaskar

#2 von carlos , 13.02.2011 15:55

anbei der Originaltext

Dateianlage:
Madagaskar 2008.pdf
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