Gefährliche Reisen
Der Handel mit Frauen aus der Dominikanischen Republik
Von Angela Isphording
Jeder vierte Einwohner in die Dominikanische Republik lebt in Armut. Frauen leiden ganz besonders unter dieser Situation und sind so leichte Beute für Menschenhändler. Neben Thailand, Brasilien und den Philippinen ist die Dominikanische Republik eines der Hauptexportländer für die "Ware Frau". Die Frauen werden mit attraktiven Angeboten in die USA oder nach Europa gelockt und dann meist in die Prostitution gezwungen.
Jedes Jahr wagen Tausende von Bürgern der Dominikanischen Republik die gefährliche Überfahrt nach Puerto Rico. "Yolas", Jollen, nennt man die offenen Fischerboote aus Holz, "Capitanes" die Schleuser. Bis zu 80 Menschen begeben sich pro Yola, eng aneinander gedrängt, auf die etwa 200 Kilometer lange Seereise ins gelobte América.
Denn schon in Puerto Rico ist der Lebensstandard um ein vielfaches höher als in der Dominikanischen Republik, und wem der Verdienst dort nicht ausreicht, der kann relativ problemlos weiter in die USA reisen. Doch wie die Nachrichtenmeldung über den Tod dominikanischer Flüchtlinge auf See zeigt, ist die "viaje", die Reise in den häufig überladenen Nussschalen eine gefährliche Angelegenheit. Wanda Gracia hatte Glück im Unglück:
Die Reisen kosteten zehntausend, fünfzehntausend Pesos. Ich habe alles verkaufen müssen und bin auf den Strich gegangen, um das Geld zu beschaffen. Und dann trieben wir acht Tage auf dem Meer. Erst ging der eine Motor kaputt, dann gab der zweite den Geist auf. An einem Ort namens "Desecho", meilenweit von Puerto Rico entfernt. Wir schütteten das Benzin ins Meer, um die Haie abzuhalten.
Dann haben wir die Motoren über Bord geworfen und sind gepaddelt. Wir hatten kein Essen und kein Wasser mehr. Wir versuchten, das Meerwasser zu trinken, aber es war zu salzig und wir mussten uns übergeben. Nach und nach starben die Leute - von den 28 Passagieren blieben nur sechs übrig. Die anderen warf der Capitán ins Meer. Nach acht Tagen kam dann ein Fischerboot. Sie sagten, dass sie uns retten würden, wenn wir ihnen alles Geld geben würden, was wir bei uns hätten.
Trotz der mit der Flucht über See verbundenen Gefahren sehen viele Dominikaner keine andere Möglichkeit für sich und ihre Familien. Zwar hat sich die wirtschaftliche Situation des Karibikstaates seit der Wahl des neuen Präsidenten Leonel Fernández im Mai 2004 etwas verbessert, doch lebt immer noch jeder vierte Dominikaner in Armut.
Ohne die Überweisungen der etwa eine Million Emigranten, die in den USA oder Europa leben, wären es weit mehr. Denn an den Gewinnen des florierenden Tourismusgeschäfts und den überall im Land verstreuten Freihandelszonen, sind nur wenige Menschen beteiligt. Frauen leiden ganz besonders unter dieser Situation und sind leichte Beute für Menschenhändler, die ihnen den Himmel auf Erden versprechen:
Die meisten Frauen sind mit zwei oder drei Kindern von ihren Männern sitzen gelassen worden. Sie suchen sich eine Arbeit in der Freihandelszone, verdienen aber nicht genug, um ihre Familie zu ernähren; oder sie verdingen sich als Haushaltshilfe, aber da verdienen sie auch nichts. Also suchen sie ihr Glück außerhalb der Grenzen ihres Landes.
Und da wird der Menschenhändler zum Verbündeten. Besonders in den Fällen, wo die Frauen Gewalt ausgesetzt sind. Im letzten Jahr sind hier über 200 Frauen von ihren Ehemännern ermordet worden, die sich danach selbst umgebracht haben.
Santos Rosario ist Mitbegründer der dominikanischen Nichtregierungsorganisation "Centro de Orientación Integral", kurz COIN. Seit 1994 hat es sich die NGO mit Sitz in Santo Domingo zur Aufgabe gemacht, migrationswillige Frauen über die Gefahren der "Reise" aufzuklären, damit sie nicht unvorbereitet den Menschenhändlern in die Falle tappen.
Denn die Armut hat ihren Preis: Neben Thailand, Brasilien und den Philippinen ist die Dominikanische Republik eines der Hauptexportländer für die "Ware Frau". Die Betroffenen werden mit attraktiven Angeboten in die USA, nach Europa oder Lateinamerika gelockt und dann meist in die Prostitution gezwungen. Obwohl jede Frau eine andere Erfahrung auf ihrer "Reise" macht, läuft es zumeist nach dem gleichen Muster ab:
Ich habe einen Mann kennen gelernt, der ins Ausland fuhr und mir angeboten hat, mich mitzunehmen. Und da meine Situation hier so schlecht war, habe ich mich dazu entschlossen, die Reise zu machen. Mit Hilfe einer Einladung seiner Firma habe ich eine Einreiseerlaubnis bekommen. Die habe ich hier bezahlt. Ich dachte, dass es mir dort gut ergehen würde, aber das war nicht der Fall.
Ich hatte zwar hier schon als Prostituierte gearbeitet, aber nicht so. Und dann haben sie mich dort eingesperrt, mir alles abgenommen: mein Gepäck, meine Kleider, meinen Pass, mein Geld, alles. Aber ich habe eine Frau von der Migrationsbehörde kennen gelernt. Der habe ich dann erzählt was los ist und ihr gesagt, dass ich nach Hause wollte und dann haben sie mich deportiert. Nie wieder gehe ich dorthin zurück!
Martha Familia hat Glück im Unglück gehabt Die magere Frau mit der dunklen Haut und den großen Augen berichtet mit leiser Stimme über ihre "Reise" nach Curaçao - einer Trauminsel mitten in der Karibik, die nicht nur Sonnenfans sondern auch Sextouristen anlockt. Viele Opfer der Zwangsprostitution werden über Monate eingesperrt, geschlagen und müssen bis zu zwanzig Männer die Nacht "bedienen".
Wenn sie trotz der Gewalt fliehen wollen, setzen die Mafiabanden ihre Familien zu Hause unter Druck, erzählt Fanny Polonia. Die gebürtige Kolumbianerin, die für die "International Organisation for Migration", kurz IOM, in Santo Domingo arbeitet, erläutert die Wege und Methoden des lukrativen Geschäfts in Lateinamerika: Neben dem Handel innerhalb der Staatsgrenzen, meist Arbeitssklaven und Frauen, gäbe es den regionalen Handel, bei dem zum Beispiel Dominikanerinnen nach Argentinien und Ecuadorianerinnen nach Brasilien gebracht würden.
Und dann gibt es den interkontinentalen Handel: Nach Europa hauptsächlich, nach Deutschland, Spanien, Holland, Österreich und in die osteuropäischen Länder wie Polen. Letzteres ist eine neue Route, die es seit zwei bis drei Jahren gibt, die geht von Lateinamerika in die osteuropäischen Länder und dann weiter nach Japan, Hongkong, Taiwan und Singapur.
Wir haben auch Fälle, wo die Leute aus Ecuador oder Kolumbien nach Peru kommen und dann von dort aus weiter gehandelt werden. Zum Beispiel von Peru nach Frankfurt; Frankfurt - Hongkong, oder Frankfurt - Singapur, oder Frankfurt - Thailand und dann weiter nach Japan oder Korea. Zurück kommen sie dann über Osteuropa. Und so haben wir eine unglaubliche Vielfalt von Migrationswegen.
Zwischen einer und vier Millionen Frauen und Mädchen werden jedes Jahr von Menschenhändlern verschoben. Das lukrative Geschäft erreicht inzwischen ähnliche Dimensionen wie der Handel mit Drogen und Waffen. Etwa fünf bis sieben Milliarden US-Dollar im Jahr verdienen Menschenhändler nach Schätzungen der UNO mit der "Ware Frau".
Neben international operierenden Menschenhändlerringen und der Mafia, gewinnen familiäre Netzwerke zunehmend an Bedeutung. Francisca Fereira ist die Verantwortliche des Zentrums für Rückkehrerinnen beim COIN. Ihre über zehnjährige Erfahrung hat der energischen Mittdreißigerin gezeigt, wie das Spiel gespielt wird:
Eine andere Form, die hier in der Dominikanischen Republik sehr verbreitet ist, das sind die Netzwerke von Familien und Freunden. Wir haben hier eine zwanzigjährige Migrationserfahrung und die Leute, die in den 80er Jahren ausgewandert sind, haben sich mittlerweile ein Leben in Spanien, Italien oder Holland aufgebaut.
Seit dem Sommer 2003 verfügt die Dominikanische Republik über rechtliche Mittel, um gegen den Frauenhandel vorzugehen. Das "Gesetz über illegale Schleusung und Handel mit Menschen" stellt ab sofort jegliche Form des Menschenhandels unter schwere Strafe. Das Gesetz ist die Umsetzung der UNO-"Konvention gegen das länderübergreifende organisierte Verbrechen" von Palermo 2000.
Grundlage des Straftatbestands ist der Druck, mit dem die Frauen in Prostitution, Heirat oder ausbeuterische Arbeitsverhältnisse gezwungen werden. In Deutschland wurde im Oktober letzten Jahres das Gesetz über Menschenhandel entsprechend reformiert. Neben der Verbesserung des Aufenthaltstitels und Opferschutzes können nun auch die Hintermänner leichter zur Rechenschaft gezogen werden, wie Katja Husen, frauenpolitische Sprecherin des Bundesvorstands der Grünen betont:
Wir haben überhaupt den Frauenhandelsbegriff geweitet, also es geht nicht mehr nur um Frauenhandel zum Zwecke der Prostitution sondern auch Ausbeutung von Frauen in Peep-Shows, für pornographische Filme und so aber auch Zwangsheirat und Zwangsarbeit.
Maritza hat lange kastanienbraune Haare, rubinrote Lippen, rasante Kurven und ein breites Lächeln. Gemeinsam mit ihren Freundinnen diskutiert sie über neue Geschmacksrichtungen für Kondome, gewalttätige Freier und die Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa.
Doch die Reise ins gelobte Land wird zum Alptraum: Bei der Ankunft nimmt man der jungen Frau ihren Pass weg, im Bordell wird sie ausgebeutet und zu guter Letzt wird sie bei einer Razzia verhaftet und ohne einen Cent zurück in die Dominikanische Republik geschickt. Am Ende des bunt illustrierten Comics warnt Maritza: "Frauen, ich sag euch was: bevor ihr die Reise antretet, macht euch kundig."
Die Maritza-Comics sind ein Produkt der dominikanischen Nichtregierungsorganisation COIN. Weil viele der Frauen vermeintlich freiwillig auf die Reise gehen, ist die Aufklärung von Migrationswilligen ein wichtiges Element der Arbeit von Organisationen wie dem COIN, der IOM oder des Interinstitutionellen Komitees zum Schutz der Migrantin.
Es werden Workshops in den Dörfern abgehalten, Plakate am Flughafen und in den Konsulaten aufgehängt und kleine Heftchen mit Infos und Adressen von Anlaufstellen in Europa verteilt. Dabei soll - wie Santos Rosario unterstreicht - aber in keiner Weise, den Frauen ihr Recht auf Migration verweigert werden:
Es ist völlig klar: Jeder hat das Recht zu reisen! Wenn die Frauen sich dafür entscheiden, wollen wir nur dafür sorgen, dass sie genügend Informationen haben, dass sie die Gesetze der Länder kennen, in die sie reisen, damit sie dort auch leben können.
Wir müssen leider feststellen, dass die sehr scharfen Migrationsgesetze den Kampf gegen den Frauenhandel erschweren, den Handel mit Frauen sogar fördern, denn dadurch geschieht alles im Untergrund. Und unsere Frauen werden dadurch in Gefahr gebracht, denn reisen werden sie sowieso.
Auch für Friederike Strack von der Hurenorganisation Hydra in Berlin liegt das Problem in der restriktiven Visa-Politik Europas:
Man stellt ja auch fest, dass es kaum noch Möglichkeiten gibt für Menschen aus Ländern, wo Visa erforderlich sind, hier rein zu kommen. Man braucht Bürgen, Einladungen und wenn das alles nicht nachweisbar ist, gibt es in den deutschen Botschaften in den anderen Ländern gar nicht die Möglichkeit, ein Visum zu beantragen.
Alle Sachen, die restriktiv sind, die verboten sind, kontrolliert werden, führen natürlich zu einem Schattenbereich wo eben Strukturen wachsen können und wo Leute eher ausgebeutet werden. Und wo es auch teurer wird. Denn wenn Leute nicht auf legalem Weg ein Visum beantragen können, kostet es eben viel auf kriminelle Art und Weise sich Visa und gefälschte Pässe zu beschaffen und das will alles bezahlt werden und das geht letztendlich zu Lasten der Frauen.
Friederike Strack und Organisationen wie Hydra fordern folgerichtig Visa für Migrantinnen, die in der Prostitution arbeiten wollen, eine Arbeitsgenehmigung als "Saisonarbeiterin" zum Beispiel, oder eine Art Greencard. Katja Husen von den Grünen verspricht sich dagegen nichts von einer veränderten Visa-Politik:
... also dass ist ja eher Arbeitsmigration, aber den Frauen, die Händlern zum Opfer fallen, die sie dann hier auch ausbeuten wollen, denen hilft kein Visum der Welt im Zweifelsfall davor bewahrt zu werden, weil wenn sie ihre Pässe weggenommen bekommen und täglich mehrmals vergewaltigt werden, dann hilft ihnen das auch nichts, ein Visum gehabt zu haben, dass sie hier als Prostituierte arbeiten können.
Wie kommen die dominikanischen Menschenhändler überhaupt an Visa? Luisa Vicioso arbeitet als Verantwortliche für Frauenthemen im diplomatischen Dienst der Dominikanischen Republik. Ihre Aufgabe im Bereich Frauenhandel ist es, das diplomatische Personal für das Problem zu sensibilisieren und im Umgang mit möglichen Opfern zu schulen. Eine nicht ganz leichte Aufgabe, besonders dann nicht, wenn viel Geld im Spiel ist:
Ein sehr bekannter Fall ist der des Abgeordneten Radhames Ramos García. Der war Konsul in Haiti und hat von dort aus chinesische Staatsbürger in die Dominikanische Republik gebracht. Sie haben ihn an der Grenze geschnappt, in Begleitung einer Gruppe von Chinesen. Sie konnten ihn nicht verurteilen weil er mittlerweile als Abgeordneter Immunität genießt.
Er ist außerdem ein Idiot, denn er hat doch allen Ernstes gesagt, dass er den Menschenhandel gar nicht nötig hätte, weil er schon eineinhalb Millionen mit dem Verkauf von Visa verdient hätte.
Der Fall des Abgeordneten Radhames Ramos García hat die USA so verärgert, dass sie die Dominikanische Republik abgestraft haben. Juan Artola, ehemaliger Chef des Büros der IOM in Santo Domingo:
Seit letztem Jahr gibt die Regierung der USA einen jährlichen Bericht heraus, der Sanktionen für die Länder nach sich zieht, die nichts tun, um dem Menschenhandel Einhalt zu gebieten. Die werden dann in Kategorie Drei eingestuft. Kategorie eins sind Länder, die sich wirklich bemühen, den Menschenhandel zu bekämpfen, Kategorie zwei bemüht sich ein bisschen, muss aber mehr unternehmen, und Kategorie drei tut eben nicht genug.
Wie Umsetzung und Überprüfung der Hausaufgaben im einzelnen vorgenommen werden, ist unterschiedlich. Für Luisa Vicioso sind alle Mittel recht, wenn es darum geht, den Händlern das Handwerk zu legen, während Friederike Strack auf klare Interessen bei der Mittelvergabe verweist:
Wir können beobachten, dass es sehr viel darum geht, Kampagnen zu starten, die die Migration verhindern sollen. Das halten wir für sehr kritisierenswert, denn wir wissen, Menschen lassen sich nicht an der Migration hindern, sie werden es sowieso tun und deshalb ist es wichtig, dass sie das entsprechende Handwerkszeug auf den Weg bekommen, um eben nicht betrogen zu werden oder in ausbeuterische Verhältnisse zu gelangen.
Klar erscheint, dass sich das Problem nur lösen lässt, wenn man sowohl die Herkunfts- als auch die Zielländer in Betracht zieht. Santos Rosario vom COIN:
In Europa gibt es immer noch einige sehr machistische Bevölkerungsgruppen. Die wollen eine Latina, eine Mulattin, weil die Männer glauben, dass sie unterwürfig ist, dass sie sie gut behandelt. Da spielt sich dann alles in einem absoluten Machtverhältnis ab. Oft wird die Verantwortung allein den Herkunftsländern zugeschoben, aber die Sache ist zweigleisig.
Dem stimmt auch Katja Husen zu. Die frauenpolitische Sprecherin des Bundesvorstands der Grünen war an der Umsetzung der UNO-Konvention in Deutschland maßgeblich beteiligt:
Einfach nur, dass ich der Meinung bin, dass wir in Deutschland hier eine Debatte brauchen, wer hier vor Ort eigentlich die Nachfrage auslöst und dass es eben keine Ukrainer oder Leute aus der Dominikanischen Republik oder Russen oder sonst was sind, sondern dass das deutsche Männer sind.
Dass das Brüder, Freunde, Nachbarn, Kollegen sind, die dafür sorgen, in dem sie kein Interesse dafür zeigen, dass eine Frau grün und blau geschlagen ist und offensichtlich kein Wort Deutsch versteht und sie trotzdem als Prostituierte missbrauchen.
Die dominikanische Nichtregierungsorganisation "Centro de Orientación Integral" hat ihren Sitz in einem belebten Stadtteil von Santo Domingo. Hier ist auf der Straße fast alles zu haben : frisch gepresster Orangensaft im Plastikbecher, Raubkopien der neuesten Merengue-Hits als Schnäppchen, eine Krankenschwester misst - gegen ein kleines Entgelt versteht sich - den Blutdruck und Grundschüler putzen Schuhe. Wer nicht auf die "Reise" geht, muss sich halt zu Hause irgendwie durchschlagen.
Seit 2004 gibt es im COIN ein Zentrum für die Rückkehrerinnen. Sie erhalten hier ärztliche und psychologische Betreuung. Fransisca Fereira:
Die Frauen, die hier ins Zentrum kommen, haben alle Gesundheitsprobleme: Geschlechtskrankheiten, Probleme mit ihrem Zyklus, oder auch Anämie und Fehlernährung. Auch seelisch sind sie sehr angeschlagen: Depressionen, Angstzustände, Verwirrung - viele von ihnen sind vergewaltigt worden.
Da war zum Beispiel eine Frau, die hatte Zigarettenverbrennungen am ganzen Körper. Sie wurde von ihren Freiern missbraucht. Eine andere musste sich tätowieren lassen. Ich nenne diese zwei Beispiele, weil sie den Missbrauch sichtbar machen. Seelische Probleme lassen sich nicht so leicht erkennen.
Trotzdem wehrt sich Santos Rosario dagegen, die Frauen als reine Opfer zu betrachten:
Die dominikanische Frau ist nicht per se ein Opfer. Sie ist stark, sie hat sehr viel Stärke, Mut und vor allen Dingen den ausgeprägten Wunsch, ihre Probleme selbst zu lösen. Und so ist auch das Bild, dass die Bevölkerung von diesen jungen Frauen hat, kein negatives.
Wenn Sie zum Beispiel nach San Juan gehen oder ins Barrio Suizo von El Higuey, werden sie sehen, dass diese Orte sich verändert haben, durch das Geld, das die Frauen für ihre Familien herangeschafft haben. Und so werden sie denn auch von den Menschen nicht als Prostituierte betrachtet, sondern als Frauen, die es geschafft haben. Und sie erhalten dann von ihrer Gemeinde viel Unterstützung und Solidarität.
Martha Familia und Wanda Gracia werden sich auf jeden Fall nicht mehr auf die "Reise" machen. Heute versuchen sie im Rahmen eines Präventionsprogramms der Sexarbeiterinnenorganisation Modemu Frauen im ganzen Land über die Gefahren der "Reise" aufzuklären. Sie empfehlen:
Dass sie sich nicht von ihren Fantasien leiten lassen. Dass sie nicht denen vertrauen, die ihnen erzählen "guck mal ich habe eine Reise für dich und es wird dir gut gehen, du wirst arbeiten" - alles Lüge, alles Rauch.
Sie wollen dass es Ihnen besser geht? Dann lernen Sie! Was, Sie haben nicht die Möglichkeit, eine Universität zu besuchen? Dann lern etwas anderes. Es gibt Frauen, die dir helfen können, vorwärts zu kommen und du kannst es schaffen. Das Leben ist schön. Man muss den Moment leben, das Jetzt, denn was morgen sein wird, das wissen wir nicht.