Haiti, schlimme Zustände in Port-au-Prince, aber Fortschritte im Umland
Geschrieben von: Thomas Diel
Fast ein Jahr ist nach unserer letzten Reise nach Haiti vergangen. Jetzt Mitte Februar 2011 steht wieder unsere alljährliche Reise in Haiti an.
Beim Verlassen des Flughafens ist er wieder da, der für die Hauptstadt typische Geruch, eine Mischung von Staub, Rauch, Abgasen, Urin und Verwesung. Eher schlimmer, da der Verkehr weiter zugenommen hat. In der Stadt herrscht ein unheimliches Treiben der unzähligen Menschen die alle ihrem Alltag nachgehen. Der Verkehr ist wie immer chaotisch und laut. Viele, meist uralte Lastwagen transportieren Sand, Zement, und andere Baustoffe. Hin und wieder sieht man auch mal einen Schaufellader oder Bagger. Zwischen den unheimlich vielen Haufen von Schmutz, Dreck, und Abfällen fallen die vielen Zeltlager auf, an denen sich auch mehr als ein Jahr nach dem Erdbeben kaum etwas verändert hat. Vielleicht ist die eine oder andere zusätzlich aufgestellte Toilette und Wasserstelle hinzugekommen.
Selbstgebaute Verschläge wie vor einem Jahr sieht man heute kaum noch, allerdings auch kaum feste Behausungen. In der Hauptstadt wird lediglich an einigen größeren, öffentlichen Gebäuden und Geschäften gearbeitet.
Lange Verkehrsstaus führen hinein und heraus aus der Stadt ins Umland. Langsam wird die Luft besser. Einige Zeltstädte wurden durch kleine (ca.15m²) große Holzhäuser ersetzt. Am Straßenrand zeugen viele Sand-, Zement und Steinhaufen vom beginnenden Wiederaufbau. Auch neu gebaute Schulen machen Hoffnung. In der Stadt Jacmel zeugen nur noch wenige eingestürzte Häuser von der Katastrophe. Viele wurden, oder werden wieder aufgebaut.
Die Lage der vielen Straßenkinder scheint sich vor allem in Port-au-Prince weiter verschlimmert zu haben. Viele Familien können ihre Kinder nicht mehr ernähren, da die anfänglichen Ernährungsprogramme der Organisationen inzwischen eingestellt wurden.
FMCS: eine große Chance für verlassene Kinder in Haiti
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Als ich mit meinem Begleiter Herrn Schlieper nach 6 stündiger holpriger Fahrt aus dem heimeigenen Toyota-Bus aussteige, werden wir von den jetzt 35 im Heim lebenden Kindern bereits erwartet und vor Freude fast erdrückt. Alle Kinder haben in ihrem Leben bereits sehr schlimme Erfahrungen machen müssen. Viele von ihnen haben ihre Eltern verloren oder mussten auf der Straße leben. Fast alle haben gehungert oder waren zumindest fehl - ernährt. Obwohl allein im letzten Monat 12 neue Kinder aufgenommen wurden, wirken aber alle Kinder glücklich und zufrieden. Natürlich freuen sie sich alle über unsere 3 Koffer mit Geschenken, guter gebrauchter Kleidung, Schuhe, Sandalen und über die 8 Solarlampen, die ihr Leben weiter erleichtern werden. Hier danken wir allen Spendern, die dies ermöglicht haben. Alle sind glücklich nicht mehr im Zelt, sondern in den neuen Container-Häusern wohnen zu können, die die ?Aktion Kleiner Prinz ?aus Warendorf und die ?Haiti-Not-Hilfe e.V? finanziert haben. Alle Kinder, die schon länger im Heim leben sind sind in sehr guter gesundheitlicher Verfassung. Besonders freuen wir uns über den kleinen Kervens, der wegen der Cholera vier Tage lang im Krankenhaus verbringen musste und nun wieder gesund und munter ist. Alle Kinder gehen inzwischen wieder zu ihren Schulen und sind stolz uns ihre Fortschritte zeigen zu können.
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Krönung unseres Aufenthalts ist eine kleine Party bei der einmal monatlich die Geburtstage der Kinder und des Personals gefeiert wird. Zur Feier des Tages gibt es Hühnchen, Reis, Nudel- und Krautsalat. Es wird gesungen, getanzt und viel gelacht. Eine kleine Oase des Glücks mitten in Haiti.
Für das Wohl der Kinder sorgen Marat und seine Ehefrau Martine, ihr 21 jähriger Sohn Junior, 4 Kinderbetreuer, 1 Lehrer, der nachmittags bei den Hausaufgaben hilft, 1 Köchin und eine Wäscherin.
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Bei kleinen Hausarbeiten helfen die Kinder ohne Murren mit. Dennoch gibt es nach unserem Verständnis auch noch vieles was wir noch verbessern wollen. Täglich müssen Marat und sein Team viele Probleme lösen. Manchmal ist es lange Zeit trocken und Wasser fehlt, dann wieder regnet es so stark, dass der noch nicht befestigte Bereich zwischen den neuen Häusern sich in eine Schlammlandschaft verwandelt und so die Sandalen und Schuhe der Kinder sehr schnell verschleißen. Durch die schlechten Straßen leiden auch die beiden Autos des Heims FMCS (Foundation Make Children Smile) sehr stark und sind ständig reparaturbedürftig. Auch eine dauerhafte Stromversorgung ist noch nicht vorhanden. Nur stundenweise gibt es öffentlichen Strom.
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Um die Situation unserer Kinder auf Dauer zu verbessern, haben wir, die Haiti-Not-Hilfe zusammen mit der Aktion Kleiner Prinz mit Hilfe einer in Haiti lebenden Deutschen Rechtsanwältin die haitianische Stiftung FMCS ins Leben gerufen. Die Gründung der Stiftung ist nun abgeschlossen, und wir können so ein schönes gut 3700 m² großes Grundstück kaufen. Auf diesem Land planen wir den Bau eines kleinen Kinderdorfs. Neben 2 Schlaf- und Spielhäusern, Toiletten, Duschen einer Küche mit Essraum , einem Verwaltungs- und Wohngebäude für die Familie Marat, soll eine kleine Bibliothek, Lern- und Computerräume entstehen. Später werden ein kleines Appartement für Besucher und eine kleine Klinik folgen, durch die die Nachbarschaft mit in die Hilfe integriert werden soll.
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Das neue Grundstück
Um das Gebäude zu sichern, ist eine Mauer um das gesamte Grundstück geplant. Ferner muss für eine gute Wasser- und Stromversorgung gesorgt werden. Darüber hinaus planen wir einen Garten auf dem Grundstück anzulegen, in dem sich die Kinder dann selber sähen und ernten können. Wunderbare Mangobäume sind bereits auf dem Grundstück vorhanden. Schließlich wünschen sich die Kinder einen Spiel- und einen Fußballplatz.
Um dies alles verwirklichen zu können, bedürfen wir auch weiterhin Ihrer Hilfe. Um die Kinder langfristig betreuen zu können, sind dringend auch weitere Patenschaften notwendig.
Informationen finden sie unter http://www.haitinothilfe.de
Junior kann wieder vollkommen normal laufen:
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Junior hat vor 3 Jahren für ein halbes Jahr in unserer Familie gelebt. Er hatte eine schwere Bluterkrankheit und dadurch einen Bluterguss im linken Knie erlitten. Dadurch stand das Knie in 90 Grad Beugung und ließ sich nicht mehr strecken. Laufen konnte er nicht merh. Durch die intensive Betreuung, eine Quengelschiene und Krankengymnastik hier in Deutschland hat Junior es geschafft. Er kann das Bein heute komplett strecken und wieder ganz normal laufen. Junior und seine Familie sind sehr glücklich, auch wenn sie bei dem Erdbeben ihr Haus verloren haben. Im Moment leben sie in einem guten Zelt. Junior wurde in unser Patenschaftsprogramm mit aufgenommen um ihm auch weiterhin den Schulbesuch ermöglichen zu können.
Thomas Diehl