Projekt: Norderstedter Zahnärzte praktizieren auf den Seychellen. Der Inselstaat im Indischen Ozean gilt als Entwicklungsland. Die Bevölkerung ist für medizinische Hilfe dankbar.
Die Seychellen - eine für Europäer paradiesische Kulisse mit üppiger Vegetation, riesigen Fruchtplantagen, tropischen Wäldern und weißen Sandstränden. Doch der Blick hinter diese Kulisse offenbart: Die Seychellen sind ein Entwicklungsland, in dem die Bevölkerung unter vielen Problemen leidet. Ein Beispiel ist die medizinische Versorgung. Hilfe von außen ist seit Jahrzehnten nötig. Etwa durch ein Projekt, in dem sich auch zwei Norderstedter Zahnärzte engagieren: Dr. Wolfgang Suhrbier (52) und Dr. Thomas Bernstein (46).
Das Projekt mit dem Titel "Förderung der Zahngesundheit auf den Seychellen" besteht seit 25 Jahren und brachte schon viele deutsche Zahnärzte in das exklusive Urlaubsparadies im Indischen Ozean. Sie behandeln die Einheimischen unter europäischen Standards. Und das ohne jede Bezahlung.
Thomas Bernstein wird das letzte Quartal dieses Jahres auf Mahe, der größten Insel der Seychellen-Inselgruppe, verbringen. Er und sein Partner Wolfgang Suhrbier verlassen die Gemeinschaftspraxis immer für je ein Vierteljahr, um auf den Seychellen zu wirken. Beide hatten sich 2002 für das Projekt entschieden. Den Anfang machte dann 2004 Wolfgang Suhrbier: Samt seiner Frau und den beiden Kindern stieg er in ein Flugzeug und startete ins Ungewisse. Für die Kinder musste er sich eine Erlaubnis der Schulbehörde einholen. Auf den Seychellen vermittelte die Mutter ihren beiden Kindern den Lehrstoff.
Die deutsche Zahnarztpraxis auf den Seychellen ist heute in einem Flachbau untergebracht und wechselt alle drei Monate den behandelnden Arzt. Die Regierung der Seychellen bezahlt den Flug und die Unterkunft in einem Haus und stellt ein Auto zur Verfügung - ein Honorar gibt es nicht. "Man finanziert seinen Aufenthalt selbst und trägt auch die Kosten für seine eigene Praxis, die ja weiterläuft. Ebenso wie alle anderen Kosten zu Hause", sagt Suhrbier.
Angefangen hatte alles vor 25 Jahren mit einem Dento-Mobil, einer mobilen Zahnarztpraxis von zwei Hamburger Dentisten. Fest installiert auf einem Lastwagen wurde sie nach Mahe verschifft. Dort ging es dann von Ort zu Ort, von Patient zu Patient. Später wurde ein Container angeschafft, in dem eine komplett ausgerüstete Zahnarztpraxis zur Verfügung stand. Nach zehnjährigem Dauereinsatz wurde schließlich ein festes Haus mit Praxis gebaut, gestiftet vom dort ansässigen Rotary Club.
In der Praxis gibt es keine Klimaanlage, obwohl immer 28 bis 32 Grad herrschen. "Aber der leichte Wind macht die Hitze erträglicher", sagt Suhrbier. Ein packendes Abenteuer war die Behandlung der Strafgefangenen auf der nahegelegenen Gefängnisinsel Long Island. Suhrbier: "An jedem ersten Dienstag im Monat fuhren wir mit unserer mobilen Praxis im Koffer in einem Boot rüber und mussten dort unter absolut primitiven Umständen arbeiten. Aber: Ein Mensch mit Zahnschmerzen - da ist für mich jeder gleich." Im Gegensatz zu seinen Vorgängern ließ er seinen Patienten während der Behandlung stets die Handschellen abnehmen. Von High-Tech-Zahntechnik konnte hier natürlich nicht die Rede sein. Da war Basis-Zahnmedizin gefragt. "Und man lernte wieder zu improvisieren."
Suhrbier möchte das Vierteljahr in Mahe nicht missen. "Alles läuft stressfreier, weil die Leute einfach geduldiger sind. Man selbst fühlt sich entspannter." Die Versorgung der Patienten, die vorwiegend aus dem Bezirk kamen, verlief nach europäischem Standard. Aber sie kamen von überall her, weil es sich herumgesprochen hatte, dass der Norderstedter Zahnarzt auch chirurgische Arbeit leistete und Weisheitszähne entfernte. "Es wurde jedenfalls niemals jemand weggeschickt", sagt Suhrbier.
Natürlich gibt es für den karitativen Einsatz eines Zahnarztes weitaus unangenehmere Orte in der Dritten Welt. Die Familie Suhrbier lernte in ihrem Vierteljahr auf den Seychellen auch die traumhaften Seiten der Inseln kennen. Etwa die kulinarischen: Fisch in allen Variationen. Suhrbiers Frau kochte die kreolischen Rezepte der Einheimischen nach. Nun packt Kollege Thomas Bernstein die Koffer. "Ich finde es einfach toll, etwas für die Bevölkerung dort zu tun und auf diese Weise etwas zu bewegen." Am 1. Oktober beginnt sein Abenteuer.