Dafür gibt es jede Menge Literatur, die Anzahlt der Bücher und Veröffentlichungen ist gewaltig!
Dafür, dass Menschen ziemlich häufig als narzisstisch beschrieben werde, haben wir den Eindruck, dass nicht alle genau wissen, was Narzissmus eigentlich bedeutet. In der Psychologie betrachtet man Narzissmus zunächst mal als Persönlichkeitsmerkmal, das von einer schwachen Ausprägung bis hin zu einer klinischen Persönlichkeitsstörung reichen kann. Die wird im Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM-5) aufgeführt. Laut Definition zeichnet sich Narzissmus durch ein übersteigertes Bedürfnis nach Bewunderung, einen Mangel an Empathie und ein grandioses Selbstbild aus. Um die Diagnose einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu erhalten, müssen mindestens fünf der nachfolgenden Merkmale erfüllt sein:
Ein übertriebenes und unbegründetes Gefühl der eigenen Wichtigkeit, auch Grandiosität genannt
Fantasien von unbegrenztem Erfolg, Macht, Brillanz oder Schönheit
Der Glaube, besonders und einzigartig zu sein
Bedürfnis nach übermäßiger Bewunderung
Anspruchsdenken
Ausnutzung zwischenmenschlicher Beziehungen
Mangel an Empathie
Neid auf andere oder der Glaube, andere seien neidisch auf einen selbst
Arrogante, hochmütige Verhaltensweisen oder Einstellungen
Bei Menschen mit narzisstischen Zügen hat man es also mit Personen zu tun, die sich selbst für besonders wichtig oder überlegen halten und oft erwarten, dass sie andere entsprechend behandeln. Und da muss man jetzt ganz genau aufpassen bei der Unterscheidung: Hat man es mit einer Person zu tun, die narzisstische Züge aufweist und vielleicht die ein oder andere Voraussetzung erfüllt? Oder geht es wirklich um jemanden, der eine narzisstische Persönlichkeitsstörung hat, also an einer psychischen Erkrankung leidet? Wirft man einfach so mit der Diagnose "Narzissmus" um sich, begeht man die Gefahr, Therapy Speak zu betreiben. Gar nicht cool.
Narzissmus wird häufig bei Therapy Speak missbraucht
Die Diagnose der narzisstischen Persönlichkeitsstörung wird häufig falsch verwendet und trifft nicht immer auf die psychologische Erkrankung zu. Genauso wenig wie wir rumrennen und andere Menschen einfach so als bipolar, schizophren oder depressiv bezeichnen sollten, sollten wir ihnen andichten, narzisstisch zu sein. Dann sind wir nämlich schnell bei Therapy Speak, ein Verhalten, bei dem man psychologische Begriffe falsch einsetzt. Das ist den Betroffenen gegenüber unfair und halt auch einfach, sorry, dumm. I mean, niemand sonst würde ja einfach so über die Straße laufen und sagen "Er hat einen Hirntumor" oder "Sie leidet an Blasenkrebs", wenn es dafür keine Grundlage gibt. Oder zumindest keine Grundlage, die auf fundierten Fakten und Fachwissen beruht. Denn ja, viele Menschen denken, sie wissen, was Narzissmus ist und müssen damit noch nicht mal unbedingt falschliegen. Anderen Menschen aber gleich eine Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren ist trotzdem daneben. Um Therapy Speak zu vermeiden sollte man sich also entweder besser informieren, ab und an mal die Klappe halten und nicht alles mit therapeutischen Fachbegriffen benennen oder im Falle von Narzissmus eben lieber von "narzisstischen Verhaltenszügen" sprechen. Damit ist man auf der sichereren Seite.
Warum wir denken könnten, Narzissmus wäre weit verbreitet ...
Es mag vielleicht nur unsere Wahrnehmung sein, aber überall, wo über toxisches Verhalten bei Menschen gesprochen wird, fällt mittlerweile auch der Begriff "Narzissmus". Die psychologische Persönlichkeitsstörung ist zum Trend-Begriff avanciert und wird häufig verwendet, um egoistisches Verhalten oder verletzende Charaktereigenschaften zu beschreiben. In den sozialen Medien werden Ex-Partner*innen als Narzisst*innen abgestempelt, verstaubte Männlichkeitsbilder, die man durchaus auch kritisieren kann und sollte, werden als narzisstisch bezeichnet und die Grenzen zwischen dem, was wirklich Narzissmus ist und was nicht, verschwimmen. Dazu kommen prominente Beispiele, wie neue US-Präsidenten, die Psycholog*innen zufolge wirklich narzisstische Tendenzen haben und damit den Eindruck erwecken, die Persönlichkeitsstörung wäre weit verbreitet. Eine US-amerikanische Studie von Jean Twenge aus dem Jahr 2008, in der narzisstische Tendenzen bei Studierenden untersuchte, kam wirklich zu dem Ergebnis, dass Narzissmus zunehmen würde. Kritiker*innen bemängelten aber schon damals, dass man die Befunde nicht verallgemeinern dürfe. Jetzt hat eine österreichische Untersuchung auch das Gegenteil bewiesen.