Sie haben kein Geld für Arztbesuche, sauberes Wasser, regelmäßiges Essen, hygienische Toiletten: Menschen im Dorf Kasuna in Kenia. Seit Jahren werden sie von der deutschen Hilfsorganisation "Ubuntu" unterstützt. Mit dabei: Allgemeinarzt Johannes Höß.
NEU-ULM. Einmal im Jahr schließt der Allgemeinmediziner Johannes Höß in Neu-Ulm seine Praxis zu. Dann fliegt er nach Kenia, in das 3000 Einwohner große Dorf Kasuna im Westen des Landes am Viktoriasee. "Kasuna, das ist eine extrem arme Ecke", sagt der Arzt. Das bestätigt auch der Welthungerindex: Demzufolge ist mehr als jeder fünfte Einwohner Kenias unterernährt. "Die Menschen dort sind durch die Bank alle ganz knapp dran oder unterhalb der Existenzgrenze."
Zu dem Dorf Kasuna hat Johannes Höß eine persönliche Beziehung: Sein Schwager Tobias Lutz, ein Zahnarzt in Friedberg bei Augsburg, hat eine Kenianerin aus Kasuna geheiratet. Acht Jahre ist das nun her. Schon damals hatte der Schwager zusammen mit seiner kenianischen Frau Brenda beschlossen, etwas gegen die Not in der Region zu tun. Sie gründeten schließlich den Verein "Ubuntu", in dem sich auch Johannes Höß engagiert. Im vergangenen Jahr konnte die kleine Familienhilfsorganisation zwischen 50 000 und 60 000 Euro an Spenden sammeln.
Ubuntu heißt: miteinander helfen
Der Name Ubuntu ist bewusst gewählt und hat nichts mit dem gleichnamigen Computer-Betriebssystem zu tun. "Ubuntu ist eine Wort aus dem Bantu", erklärt Höß. "Und meint so viel wie für einander da sein, miteinander helfen." Geprägt hat das Wort der Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu. "Also nicht mit der Gießkanne Geld ausschütten, sondern helfen und die Menschen, denen wir helfen, auch zu verpflichten, etwas zu tun."
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Babysprechstunde in Kasuna: Allgemeinarzt Johannes Höß bei der Arbeit.
© privat
Dem Verein geht es darum, ein soziales Netz vor Ort zu schaffen. Seit sieben Jahren baut er deshalb eine Schule und einen Kindergarten im Dorf auf. "Bildung ist einfach das wichtigste, was wir leisten können", sagt Höß. Dazu kommen seit drei Jahren medizinische Einsätze. Zwei Wochen lang reist Johannes Höß dann mit seinem Team von insgesamt 15 Ärzten, Krankenpflegern, Hebammen und Helfern nach Kenia. "Länger geht nicht, denn die Mitarbeiter machen das ehrenamtlich – sie opfern ihren Urlaub und bezahlen den Flug aus eigener Tasche."
Bei dem Einsatz besucht das Team die Dörfer rund um Kasuna im Umkreis von 15 Kilometern. "Drei Kinder kamen zu uns. Sie waren völlig komatös, ausgehungert, gelähmt, gelb in den Augen", erzählt Höß von seinem letzten Einsatz im vergangenen November.
Die Ärzte diagnostizieren Malaria im fortgeschrittenen Stadium. Malaria ist ein großes Problem in der Region, sagt Höß. Aber auch Wundinfektionen. Bei ihrem letzten Einsatz im vergangenen Herbst haben die Ärzte 2303 Patienten behandelt, dazu kamen 560 zahnmedizinische Einsätze oder anders gesagt: 800 gezogene Zähne.
Hilfe, die an viele Grenzen stößt
In Kasuna hat der Verein inzwischen zwei Angestellte vor Ort. Die kümmern sich um die Schule und den Kindergarten, aber auch um die Nachsorge der Patienten, wenn die Ärzte aus Deutschland wieder weg sind. Beispielsweise, wenn die Ärzte Kinder und Jugendliche behandelt haben, die dringend eine Augen-OP brauchen. Dann fahren die Mitarbeiter schon mal mit einem Bündel Geld in die Klinik nach Nairobi und stellen sicher, dass die Kinder auch operiert werden. Inzwischen setzt Johannes Höß aber auch hin und wieder auf Telemedizin: Dann berät er über das Internet, lässt sich Fotos von dem Patienten und seiner Erkrankung über WhatsApp schicken.
Trotzdem weiß Johannes Höß: Die Hilfe, die die kleine Familienhilfsorganisation leisten kann, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn die größte Zeit des Jahres bekommen die Menschen eben keine medizinische Betreuung. Ein Gesundheitssystem gibt es in dem Land nicht.
Zum Arzt geht nur derjenige, der es sich leisten kann. Für die Ärzte aus Deutschland ist nur punktuell Hilfe möglich. "Was wir machen können, ist eine Bestandsaufnahme", sagt Johannes Höß. Und doch will er mit seiner Hilfe auf die Probleme in dem Land aufmerksam zu machen. Langfristig, hofft Johannes Höß, merkt vielleicht auch die Regierung, dass eine andere Gesundheitspolitik notwendig ist.