Famulatur auf den Cook Islands

#1 von carlos , 15.06.2016 22:56

Für uns war von Anfang an klar, dass wir auf eine Insel im Südpazifik fliegen wollen. Der Grund dafür war ganz einfach: wir wollten selbständig arbeiten. Wir konnten in Erfahrung bringen, dass man nur im Südpazifik, Brasilien und Indien eigenständig tätig werden könne. Also bewarben wir uns auf verschiedenen Inseln, aber nur von Cook Islands erhielten wir eine Antwort und unser Famulaturziel stand fest.
Textfeld: Als nächstes mussten die nötigen Unterlagen für die Bewerbung um den Reisekostenzuschuss des ZAD besorgt werden. Als nächstes war der Flug dran. Wir suchten uns einen Flug ab Frankfurt über Los Angeles raus und buchten bei STA Travel jeder für 1300 €. Die Organisation von Spendenmaterial war recht zeitaufwendig. Erst suchten wir Firmen aus, welche uns Material spenden, das wir gebrauchen und auch ohne Probleme transportieren konnten. Nachdem der Serienbrief an alle interessanten Firmen erstellt war, wurde der Briefstapel zur Post getragen. Die Reaktion war sehr unterschiedlich. Einige Firmen schickten sofort ein kleines Päckchen, andere unterstützten uns mit Geldspenden und zum Teil wurden noch lange Telefonate geführt um genau die Materialien auszusuchen, welche für unser Unternehmung optimal waren. Aber es gab auch Firmen, die sich gar nicht meldeten, nicht mal eine Absage. Dann stand fast jeden Tag mindestens ein Päckchen vor unserer Tür. Leider mussten wir einige Spenden in Deutschland zurücklassen, weil es zu viel war bzw. nicht ohne weiteres im Flieger transportiert werden durfte.
Geregelt werden mussten noch Versicherungen und Impfungen. Die Versicherung haben wir bei der Deutsche Ärzteversicherung, wie vom ZAD empfohlen, abgeschlossen. Es war das beste Angebot. An Impfungen haben wir uns nur einer Typhus – Prophylaxe unterzogen, denn Hepatitis A + B und Polio hatten wir ja schon. Übers Internet suchten wir uns eine Unterkunft für die erste Woche, ein Zimmer im Tiare Village. Jetzt konnte unsere Reise losgehen.
Nach einem 8 - stündigen Aufenthalt in Los Angeles und einer kleinen unfreiwilligen Zwischenlandung auf Tahiti kamen wir mit 6 Stunden Verspätung auf Rarotonga an. Wir wurden von Lilli vom Tiare Village abgeholt. Jetzt genossen wir erst mal Land und Leute und mieteten uns einen Roller bei Budget. Um mit diesem auch fahren zu dürfen, legte wir eine Führerscheinprüfung ab (15 NZ$). Hauptziel bestand darin links zu fahren und nicht umzufallen, dann hatte man auch schon bestanden. Die 9000 Bewohner und der mit 31 km doch recht überschaubare Inselumfang machen es leicht, sich auf der Insel schnell zurechtzufinden, zumal es nur eine Straße gibt, welche um die gesamte Insel führt. In den kleinen Nebenstraßen ist Vorsicht geboten, da hier allerlei Haustiere rumlaufen. Man muss für Ziegen halten, dann kommen ein paar kleine Schweine angelaufen und einmal stand uns sogar eine Kuh gegenüber. Überall auf der Insel sind Hunde, welche im Rudel wohl auch recht gefährlich werden können, aber die Einheimischen erklärten uns, man müsse sich nur bücken und so tun als hebe man einen Stein auf und schon suchen sie das Weite. Am Strand bekommt man auch des Öfteren Gesellschaft und teilt sich dann das Handtuch mit den Hunden. Also uns kam nie ein böses Tier entgegen. Man muss halt mit ihnen leben.
Am dritten Tag auf Cook - Island begannen wir unsere Arbeit im Dental Services. Leider waren wir schon 6 Studenten und es sollten noch weitere kommen. Also machten wir uns einen Plan, wer wann arbeitet. Schon eine Woche später gingen die ersten auf Außeninseln und wir konnten regelmäßig arbeiten.
Nach einer Woche verlegten wir unser Quartier ins KiiKii Motel, welches uns ein Zimmer zum ½ Preis vermieteten. Die Hotelinhaberin bot ebenfalls an für alle weiteren Studenten, die kommen würden, ebenfalls den gleichen Preisnachlass zu geben. Wir hatten ein Zimmer mit Küche und Bad. Es gab einen großen Pool und das Meer lag direkt vor der Tür und uns entging kein Sonnenuntergang am Meer, was auf der kleinen Insel auch so nicht schwer ist, da man immer irgendwie am Meer ist. George Hosking nahm unsere Spenden in Empfang und ließ uns dann unsere Arbeit machen. Es interessierte ihn eigentlich gar nicht was wir machten, aber wenn es Probleme gab, war er zur Stelle, wenn auch manchmal etwas missmutig und immer mit dem Motto: DON’T PANIC. Zur gleichen Zeit wurde in der „Klinik“ gebaut und später auch gestrichen. Es ging einige Male ziemlich drunter und trüber. Man war ständig am Materialien suchen, wobei ich bezweifle, das es irgendwann anders war oder sein wird. Es war nur ärgerlich, das wir genau wussten, was wir mitgebracht hatten und diese Materialien auch verwenden wollten, aber sie waren meist nicht aufzufinden. Daraufhin mussten wir dann improvisieren.
Hauptsächlich legten wir Füllungen und extrahierten, wobei nicht immer wirklich eine Indikation für die Extraktion vorlag, aber für viele Patienten waren die Füllungen zu teuer und sie ließen sich lieber den Zahn ziehen. Zum Teil machten wir aber „Sozialfüllungen“. Dieses Wort haben wir erfunden, denn wir rechneten einfach nicht alle Füllungen ab, um den Menschen wenigstens ein bisschen entgegenkommen zu können. Nur durfte George dies nicht mitbekommen.
Wir fanden und finden es einfach nicht gut, dass die Patienten unsere Arbeit bezahlen mussten. George kassiert die Spenden und zusätzlich lässt er sich noch die Behandlung der Patienten, welche ausschließlich mit Spendenmaterial erfolgt, bezahlen. Ein weiterer Punkt, welcher uns missfällt, ist der Verkauf von Spendenmaterial durch George an andere Zahnärzte. Er schlägt überall Profit raus. Dies sollte geändert werden. Wir haben uns mit den anderen zusammengesetzt und uns überlegt, dass die folgenden Studenten ihre Spenden nicht mehr bei George abliefern sollten, sondern lieber im Gesundheitsministerium gleich nebenan abgeben. Dort werden die Materialien dann auch auf Außeninseln verteilt, welche meist ziemlich schlecht ausgestattet sind. Wir haben unsere Materialien auch noch versucht aufzuteilen; ein Teil für George, ein Teil für Aitutaki und alle Zahnbürsten und Zahncremes fürs Gesundheitsministerium zum Verteilen an den Schulen. Leider war es uns bei unserem Aufenthalt auf Rarotonga nicht möglich in die Schulen zu gehen, weil sie gerade wegen Dengue – Fieber geschlossen wurden. A propro Dengue: ihr solltet euch ein Moskitonetz mitnehmen und auch eine große Packung Autan. Es gibt auf Cook „Coils“ zu kaufen, welche auch ganz gut wirken. Also auch zu empfehlen.
Nach 30 Tagen läuft das Visum ab und man muss es verlängern lassen. Am besten redet ihr mit dem Gesundheitsministerium darüber. Die stellen euch ein Schreiben aus, welches euren Aufenthalt erklärt. So wird es ein wenig billiger (nur noch 20 NZ$ pro Person).
Wir buchten uns später einen Flug nach Aitutaki. Auch hier ist es günstiger mit George zu reden, denn auch dann kann man etwas Geld sparen. Der Flug nach Aitutaki kostete jeden von uns 236 NZ$, aber es lohnt sich. Wir waren für 10 Tage auf Aitutaki und eigentlich fanden wir es fast zu kurz. Vormittags gingen wir immer in die Schulen und kontrollierten die Schulkinder. Es war sehr lustig. Die Kinder kamen rein, meist immer schon zu mehreren, setzten sich auf den Behandlungsstuhl und der Mund ging sofort auf. Es gibt keine Angst bei ihnen, eher im Gegenteil sie sind zum Teil Stolz gewesen, wenn sie ihren Kameraden zeigen konnten, das wir ihnen einen Milchzahn gezogen hatten. Auch das Putzen wurde kontrolliert. Nach der Mittagspause wurden Zähne geputzt und zum Teil unter Aufsicht. Diese Arbeit in den Schulen ist sehr zu empfehlen und macht unheimlichen Spaß.
Auf Aitutaki sollte man sich die Lagoonen – Rundfahrt auf keinen Fall entgehen lassen. Es ist einfach nur paradiesisch. Man findet nicht die richtigen Worte um diese andere Welt zu beschreiben: Bilderbuchstrände mit weißem Sand und türkisfarbenes Wasser, eine Dschungelähnliche Vegetation und einen völlig anderen Menschenschlag. Zu empfehlen sind auch die Island Nights. Am Ende müssen auch die Touristen mit ran. Zur Erklärung wird immer gesagt, dass die Männer gut mit den Beinen wackeln sollen und die Frauen sollten sich vorstellen, sie wären eine Waschmaschine im Schleudergang. Ihr glaubt nicht wie anstrengend das sein kann und wie lang diese Lieder sind. Aber Spaß gibt es ohne Ende. Alles in allem war es eine sehr schöne Zeit, aber leider ging sie zu schnell vorbei. Zum Thema Lerneffekt ist noch zu sagen, dass man auf Cook nicht unbedingt seine zahnärztlichen Fahrigkeiten verbessern kann, da viele Behandlungsabläufe anders sind, als man sie in Deutschland erlernt hat, geschweige denn je wieder so tun würde. Was man aber lernt, ist der Umgang mit Patienten und die Selbstsicherheit bei Therapieentscheidungen. Diese Erfahrungen rechtfertigen unserer Meinung nach die ganze Reise und Kosten von rund 3.500,- € auf jeden Fall.
Die Zeit auf Cook wird uns in unserem ganzen Leben immer im Gedächtnis bleiben und früher oder später werden wir sie ganz bestimmt noch mal besuchen.

Links: ZAD, Firmen, KiiKii Motel & Aitutaki

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